Da sprang aber Cupido in die Höhe:
»Heilige Mutter Aphrodite! Gesetze? Für mich? – Na – das möchte ich mal sehen. – Liebster, bester Hermes, geh' – sattle mir schnell den blanken Stern da, ich will hinunterreiten, das muß ich mir aus nächster Nähe betrachten!«
Und da saß er schon auf seinem glänzenden Stern und fuhr hinab, und auf der Erde sagten sie: Da fällt eine Sternschnuppe.
Es kam aber dem Cupido furchtbar kalt vor im neunzehnten Jahrhundert, obwohl es im August war, wo die meisten Sternschnuppen fallen, und bei Sonnenaufgang fror es ihn ganz erbärmlich, trotz des Umschlagetuches, das ihm das alte Hökerweib geschenkt hatte. Die saß schon am ganz frühen Morgen mit ihren Körben auf dem Markte, und wie sie den nackten, kleinen Gesellen daherkommen sah, da wurde es ihr so weich und sehnsüchtig ums Herz, sie meinte, es wäre Mitleid – es war aber die Erinnerung: sie sah sich wieder jung und hübsch, sie war beim Tanz unter der Linde, der schönste Bursche schwang sie im Reigen – heißa! – hoch in die Luft, daß die Röcke flogen, und dann küßte er sie. Und da machte sie die Augen auf, und vor ihr stand wieder der drollige kleine Junge. Der nahm das Höckerweib frischweg beim Kopf und gab ihr einen Kuß für das Umschlagetüchelchen, das sie ihm gegen die Kälte geschenkt, und die Alte faltete die Hände und träumte von ihrer Jugend. – – Den Cupido fror es aber doch an den nackten Beinchen, und er dachte: »Ich will doch sehen, ob ich nicht irgendwo hineinschlüpfen kann und mich wärmen.«
Doch da kam er schön an.
»Was willst Du hier?« fuhren sie ihn im ersten Hause an – »Du bist so unbequem – mach', daß Du fortkommst!« Im zweiten öffneten ihm zwei alte Jungfern die Thür, liefen kreischend davon und schrieen:
»Hülfe – ein Sansculotte – er hat nichts an!« Und der dicke Mops saß auf dem Sofa und bellte ihm nach. Im dritten Hause fragten sie höflich verwundert: »Was wollen Sie hier? Wir sind ja verheiratet.«
Im vierten hielten sie ihm einen Ehekontrakt unter die Nase, und im fünften sprachen sie von Gesetzen und – da wurde Cupido böse und sagte:
»Wartet, ich will Euch! Ihr wollt mich hier verleugnen? Bei unserer lieben Frau von Milo – Ihr sollt es büßen!« Er schwang sich in die Lüfte, spannte den Bogen, und – huidi! – da schwirrten die Pfeile! Er schoß blindlings drauf los, ganz einerlei, ob nach Grundsatz oder Gesetz – aber sie trafen. Und nun gab es eine heillose Verwirrung unter den Menschen; sie hatten geglaubt, den Liebesgott hinwegspotten und -klügeln zu können, und da war er plötzlich mitten unter ihnen und sie duckten sich, bange, wehklagend und nach Hülfe wimmernd. – Da ist ein Mägdlein gekommen.