Mama saß am Schreibtisch, hatte ein paar Blätter Papier vor sich liegen und schrieb mit ihrem teuren Füller darauf.
»Mama, was machst du da?« wollte ihr kleiner Sohn Max wissen.
»Ich schreibe einen Brief an meine Freundin.« antwortete sie und hielt ihm die beschriebenen Seiten vor die Nase.
»Ui, sind das viele Wörter.« staunte Max mit großen Augen. »Aber die kann ich gar nicht lesen.«
Mama lachte. »Du bist ja auch noch im Kindergarten. Das Lesen lernst du, wenn du in die Schule gehst.«
Max sah sich noch einmal den Brief an.
»Ich will auch einen Brief schreiben. An meinem besten Freund Leon aus dem Kindergarten.«
Mama seufzte. »Aber wie willst du das denn machen? Ihr könnt doch Beide noch nicht lesen.«
»Das geht auch ohne Buchstaben.« entschied Max, schnappte sich ein paar leere Blätter und verschwand mit seinen Buntstiften im Kinderzimmer.
Nach einer halben Stunde kam er stolz grinsend zurück und präsentierte seinen Brief.
»Ich bin schon fertig.«
Auf den Blättern hatte er ganz viele, kleine Bildchen gemalt. Grinsende Gesichter, Regentropfen, Autos, eine Rutsche, Häuser und noch vieles mehr.
»Schöne Bilder hast du Leon gemalt. Die werden ihm bestimmt gefallen.« lobte Mama.
»Das ist aber keine normalen Bilder.«
Max machte ein strenges Gesicht, wie er es schon oft bei Mama gesehen hatte.
»Das ist ein Bilderbrief. Wenn Leon sie sich ansieht, weiß er genau, was ich ihm schreiben wollte.«
»Ganz bestimmt.« antwortete Mama, glaubte aber trotzdem nicht, dass man sich mit Bildern schreiben konnte.
Drei Tage später lag ein Umschlag im Briefkasten. Auf ihm stand Leons Name.
»Das ist bestimmt die Antwort von Leon.« freute sich Max. »Er hat mir gestern im Kindergarten erzählt, dass er mir geschrieben hat.«
Dann wurde der Umschlag aufgerissen und die Seiten heraus geholt.
»Siehst du, er hat mir auch Bilder gemalt.« präsentierte Max den Brief Mama, die dort aber nur ein paar bunte Bildchen sah. Da waren grinsende Gesichter, Regentropfen, Autos, eine Rutsche, Häuser und noch vieles mehr.
»Also ich kann da gar nichts lesen.« gab sie verzweifelt auf.
»Aber Mama. Das ist doch ganz einfach.«
Max zeigte auf die ersten zwei Bilder, ein lachendes Gesicht und ein Briefumschlag. »Leon hat sich sehr gefreut, dass ich ihm einen Brief geschickt habe.«
Der Finger wanderte weiter auf ein Strichmännchen mit Briefumschlag und einem Kasten, der in einem Baum steckte.
»Er hat meinen Brief mit in sein Baumhaus genommen und ihn dort gelesen. Seine Mama brachte ihm noch einen Teller mit leckeren Keksen und einer Tasse heißem Kakao.«
Bild für Bild las Max den Brief vor. Bei keinem einzigen Bild musste er überlegen, was es bedeuten konnte. Es war für ihn, als hätte jemand richtige Wörter benutzt. Mama konnte nur noch staunen. Damit hätte sie nie gerechnet.