Karolina stand vor dem dunklen Höhleneingang. In ihrer rechten Hand hielt sie eine Taschenlampe, in der anderen einen leeren Sack.
»Macht doch, was ihr wollt. Ich gehe da auch allein rein.« Sie war fest entschlossen. »Ich sage nicht, dass ihr Angsthasen seid. Ihr seid nur einfach nicht so mutig, wie ich es bin. Ich werde euch beweisen, dass in der alten Mine keine Monster leben. Ich werde die alten Silberstollen finden und als reiches Mädchen wieder herauskommen. Vielleicht finde ich sogar noch Gold und Juwelen. Wartet einfach auf mich, dann werdet ihr es schon sehen.«
Karolina überprüfte noch einmal das kleine Display an ihrer Lampe. Der Akku war komplett voll. Das Licht würde mindestens fünf Stunden leuchten. »Ich komme wieder.« Dann schritt sie, ohne einen weiteren Blick hinter sich zu werfen, in die Mine hinein. Schon nach wenigen Metern bog sie um eine Kurve. Ihre Schritte verhallten. Der Schein ihrer Taschenlampe wurde schnell schwächer, bis er nicht mehr zu sehen war.
Paul und Ali schluckten schwer. Es war für sie undenkbar die Mine zu betreten. Sie hatten zu viele Schauergeschichten über diesen Ort gehört. Es war immer wieder die Rede von Geistern, Gespenstern, blutrünstigen Monstern und anderen Schauergestalten gewesen. Freilich hatte sie nie jemand gesehen. Begegnen wollte ihnen aber auch niemand. Karolina, das mutigste und stärkste Mädchen der ganzen Schule, war die erste, die sich traute, die Mine zu betreten.
Die Zeit verging. Zwei Minuten. Fünf Minuten. Zahn, zwanzig, dreißig. Karolina kam nicht zurück. In der Mine war nichts zu sehen. Das Licht der Taschenlampe kam nicht zurück. Schritte waren auch nicht zu hören. Ali und Paul wurden langsam nervös. Sollten sie Karolina folgen? Sollten sie die Flucht ergreifen und nach Hause laufen? Sie konnten sich nicht entscheiden. Sie riefen nach ihrer Freundin, waren dabei aber so leise und zittrig, dass sie sich kaum selbst hören konnten.
»Da muss was passiert sein.« Ali rechnete mittlerweile mit dem Schlimmsten. »Wir müssen hinterher und Karolina retten. Sie wurde bestimmt von Monstern überfallen und wird sich allein nicht mehr befreien können, wenn sie nicht schon …« Er traute sich nicht, die letzten Worte auszusprechen.
Sie zögerten noch einen Moment. Dann zogen sie ihre Handys aus den Taschen, schalteten die kleinen Lichter ein und liefen in den Stollen. Laut riefen sie Karolinas Namen.
Sie kamen an vielen Abzweigungen vorbei, sahen ständig nach links und nach rechts, wie sie den Schein einer Taschenlampe entdeckten, die am Boden lag. »Es ist ihr was Schreckliches passiert.« Die Jungs wurden schneller … und blieben überrascht stehen.
Karolina lag am Boden. Unzählige kleine Monster saßen um sie herum, auf ihr drauf und lachten gemeinsam mit dem Mädchen. Sie hielten inne, als sie Ali und Paul sahen.
Karolina wurde rot im Gesicht. »Tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe. Ich muss irgendwie die Zeit vergessen haben. Ich bin auf diese kleinen Kuschelwuschelmonster gestoßen. Sie haben mich so lieb angeschaut und wollten alle gestreichelt werden. Das hat nämlich schon ganz lange niemand mehr mit ihnen gemacht. Ich konnte also unmöglich wieder nach draußen kommen.«
Die Jungs grinsten. Das war natürlich ein super wichtiger Grund. Sie setzten sich auf den Boden, schnappten sich gleich mehrere der Monster und kuschelten sie kräftig durch.