Es war mitten in der Nacht, als lauter Krach durch das ganze Haus schallte. Finn wurde sofort wach und saß aufrecht im Bett. Was war das gewesen? Trieben schon wieder diese verdammten Waschbären ihr Unwesen im Vorgarten? Papa hatte sie schon ein paar Mal dabei erwischt, wie sie die Mülltonnen plünderten.
Es krachte, es polterte und klirrte. Nein. Das konnten unmöglich die Waschbären sein. Finn hatte schon einmal beim Spielen die leere Mülltonne umgeworfen. Das hatte sich ganz anders angehört. Es musste etwas Anderes gewesen sein.
Er sah auf die Uhr. Es war drei Minuten nach Mitternacht. Sofort entstand ein schrecklicher Gedanke in Finns Kopf. Die Geisterstunde hatte begonnen.
Er schlug die Decke leise auf, schlich zum Schreibtisch und schaltete dort das Licht seines Handys an. Irgendwo war doch dieses alte Buch, das ihm Opa geschenkt hatte. Er fand es schnell in einer seiner Schubladen.
Der Geisterführer – ein Leitfaden zu übersinnlichen Wesen und wie man sie bekämpft.
Finn blätterte durch die Seiten und suchte nach einer passenden Beschreibung. Unter dem Buchstaben P wurde er fündig. Mit grimmiger Miene tippte er fest auf die Überschrift. »Es ist ein Poltergeist.«
Poltergeister nisteten sich dauerhaft in Wohnhäusern ein, trieben Schabernack, tyrannisierten die Bewohner. Sie warfen Möbel um und zerstörten alles, was ihnen in die Finger kam. Menschen selbst griffen sie allerdings nie an. Doch etwas fehlte auf der Buchseite. Niemand hatte aufgeschrieben, wie man einen Poltergeist vertreiben konnte. War es etwa noch nie jemandem gelungen? Waren die Opfer der Geister immer weggezogen?
Es klirrte erneut. Finn zuckte erschrocken zusammen. »Das geht so nicht. Wir haben kein zweites Haus. Irgendwie muss ich den Poltergeist vertreiben.«
Er sah sich in seinem Zimmer nach etwas um, womit er sich bewaffnen konnte, fand dabei aber nur eine alte Schwimmnudel. »Besser als nichts. Vielleicht hält der Geist sie für einen Knüppel.«
Finn öffnete die Tür, sah auf den Flur hinaus. Alles war ruhig. Es war nichts zu sehen. Auf leisen Sohlen schlich er los und folgte den Geräuschen, bis er vor einem Fenster stand, durch das er in den Garten blicken konnte.
Finn fiel ein Stein vom Herzen. Auf der einen Seite war er plötzlich erleichtert, auf der anderen kam er sich ganz schön blöd vor. Die Nachbarn standen mit vielen Freunden und Verwandten auf ihrer Terrasse. Immer wieder wurden alte Teller, Tassen und Gläser in eine Ecke geworfen, wo sie klirrend zerbrachen. Selbst Mama und Papa machten begeistert mit.
»Mist! Ich habe den Polterabend vergessen. Dabei durfte ich vorhin noch dabei sein.« Er klatschte sich mit der Hand vor die Stirn und ging zurück in sein Bett. Jetzt konnte Finn besser schlafen.