"Mein Sohn", sagte eines Tages Papa zu seinem Sprössling, "es ist Zeit, dass du die wichtigsten Dinge des Lebens kennenlernst. Hast du verstanden?"
Klaus, so hieß der Sprössling, legte ein wenig seinen Kopf zu Seite, kniff sein linkes Auge zu und nickte. Er war sieben Jahre alt und hatte schon das Aussehen von Papa, doch eher die Klugheit Mammas, die, soweit sie es vermeiden konnte, dies ihrem Egon nicht anmerken ließ.
Doch den Egon interessierten weder Klugheit, noch sonst etwas, das Gerda hochhielt, sondern Fußball. Mochten andere Gedichte auswendig kennen; Egon hatte alle Tabellen und Ergebnisse im Kopf.
"Also, mein Sohn. Du weißt, was ein Ball ist."
Natürlich wusste er, was ein Ball ist. Vor Kurzem durchschlug er das Fenster des Nachbarn zum goldenen Tor. Doch da dieser, welcher vom Fußball zwar keine Ahnung hatte, doch ein verständiger Mann war, geschwiegen hatte, drang das Torergebnis nie an die Öffentlichkeit.
"Ja, natürlich weiß ich, was ein Ball ist."
Papa nickte. "Sicher mein Sohn, weißt du es. Der Ball ist rund. Wie unsere alte, gute Mutter Erde. Wer sich dessen bewusst ist, darf sich schon klug nennen."
Klaus blickte durchs Fenster. Er wäre jetzt lieber nach draußen gegangen und hätte mit Dieter Fußball gespielt.
Papa schien nachzudenken und legte seine Stirne in Falten. Er lächelte. "Und was ist die Bestimmung eines Balles?"
Klaus seufzte. Er musste an die zerbrochene Fensterscheibe denken. Lieber mal nichts sagen. Papa wird es schon erklären.
Ja, er tat es. "Es ist das Tor. Denn nur das zählt. Man kann dumm wie ein Huhn sein ..."
Aus der Küche erklang das Lachen von Mamma.
"... wenn nur der Ball ins Schwarze trifft. Das heißt, ins Tor. Und weißt du, wer wirklich Ahnung vom Fußball hat? - "
Klaus zuckte mit den Schultern und Papa hob den Zeigefinger.
"Es ist weder der Trainer, noch der Schiedsrichter. Nein! Es ist der Zuschauer. Glaub es mir. Nur der Zuschauer!"
"So wie dein Vater", erklang es wieder aus der Küche.
Doch Papa sagte nichts, weil er sich über solches Reden erhaben fühlte.
"So ist es mein Sohn!"
"Ach, Papa", dachte Klaus. Er wusste, dass Fortuna Düsseldorf sein Lieblingsverein war. Doch die kraxelten irgendwo in der Amateurliga herum.
Papa erwähnte oft den Fußballgott. Und Klaus hatte sich manchmal Gedanken gemacht, was dies für ein Wesen sein könnte. Lohnte sich mal zu fragen. "Papa, was ist ein Fußballgott?"
Dieser setzte eine gewichtige Miene auf. "Du wirst es vielleicht noch nicht verstehen. Der Fußballgott hilft allen jenen, die an ihn glauben."
Klaus kratzte sich am Ohr. "Doch warum hilft der Fußballgott denn nicht Fortuna Düsseldorf?"
Na, jetzt war Papa in Verlegenheit und suchte nach Worten.
Dann erklang wieder die Stimme von Mutter: "Dein Papa sollte lieber mit mir in die Kirche gehen und da beten. Vielleicht hilft das seinem Lieblingsverein."