Robin und seine Männer saßen an der großen Eiche. Will Scathelock erzählte von den Abenteuern des tapferen Sir Carodoc, der zur Zeit König Artus' lebte. Die Männer lauschten ergriffen. Als er geendet hatte sagte Robin: "Wie schön und erbaulich sind doch solche Geschichten. Da kommen einem die eigenen kleinen Sorgen doch recht läppisch vor. Aber dennoch; Stutley, unser Vermögen schrumpft zusehends. Wie wäre es, wenn du mit ein paar Männern losziehst und uns jemanden zum Abendessen mitbringst? Wir wollen für einen Festschmaus alles richten. Nimm am besten Will Scarlet mit, damit er sieht, wie es hier so zugeht."
Will Stutley sprang auf und nickt. "Darf ich auch Arthur a'Bland und Midge mitnehmen? Sie können gut mit dem Stock umgehen." Robin nickte und Will Stutley suchte sich noch drei weitere Männer aus. Dann zog die kleine Schar los, um nach einem reichen Gast Ausschau zu halten.
Sie legte sich auf die Lauer und warteten. Eine Menge Leute kam vorbei: Kesselflicker, ein Schäfer, ein paar junge Mädchen. Aber es kam niemand, der ein bisschen Geld in der Tasche hatte. Der Tag war fast zu Ende und die Männer waren enttäuscht. "Es hat keinen Sinn. Lasst uns zurück ins Lager gehen.", sagte Will Stutley schließlich. Als die Männer sich auf den Weg gemacht hatten, vernahmen sie plötzlich ein leises Wimmern. Die Männer sahen sich an und gingen dann dem Geräusch nach. Schließlich kamen sie an eine kleine Lichtung. Eine Quelle ergoss sich in ein kleines Becken und neben diesem Becken lag ein Jüngling mit zerzausten blonden Locken. Seine Kleider waren schmutzig und er weinte. Eine Leier aus Gold, Silber und blank poliertem Holz hing an einem Weidenzweig über seinem Kopf.
"Nun weine nicht wie ein junges Mädchen.", rief Will Stutley dem Jüngling zu, der aufsprang und nach Pfeil und Bogen griff. "Lass gut sein und steck die Waffen ein. Willst du uns zu einem festlichen Mahl begleiten?", fragte Will Scarlett, der Mitleid mit dem Jungen hatte. Einer der anderen Männer sagte: "Den kenne ich! Das ist ein Spielmann. Als ich ihn das letzte Mal sah, sprang er noch ganz fidel herum." Will Scarlett war zu dem Jungen getreten und zog ihn mit sich. "Komm. Unser Herr kann dir vielleicht helfen."
Sie brachten den Jüngling und seine Leier zum Lager. Die Männer starrten den Fremden an, sagten aber nichts. Sie brachten ihn zu Robin, der ihn freundlich begrüßte. "Du willst also mit uns speisen." Der Spielmann riss die Augen auf und stammelte: "Du bist der große Robin Hood, stimmt's?" Robin lachte und nickte. "Wenn du mich erkannt hast, dann weißt du ja auch, dass bei uns der Eingeladene die Zeche zahlt. Ich hoffe, deine Börse ist gut gefüllt." Der Junge wurde blass. "Ich habe gar kein Geld bei mir.", stotterte er. Robin sah ärgerlich zu Will Stutley. "Was bringst du mir denn hier für einen Gast, der kein Geld hat, die Zeche zu bezahlen?" Will Stutley grinste und antwortete: "Es ist eher Will Scarlets Gast. Er hat ihn mitgebracht, weil er dachte, du könntest dem armen Singvogel hier helfen. Wir fanden ihn weinend an der Quelle liegen."
Robin wies seine Männer an, das Mahl vorzubereiten und bat den Spielmann, seinen Namen zu nennen. "Ich heiße Allan a Dale.", sagte der Spielmann. Robin horchte auf. "Ich kenne diesen Namen. Deine Stimme soll außergewöhnlich sein. Was bedrückt dich? Sprich, vielleicht können wir dir helfen."
"Ich liebe ein Mädchen. Es heißt Ellen und ist die Tochter eines namhaften Freisassen. Wir lieben uns sehr. Wir haben uns ewige Treue geschworen und einen Silberpenny entzwei gebrochen. Seht, hier ist meine Hälfte und sie trägt ihre Hälfte an einem seidenen Band um den Hals. Ihr Vater kann mich nicht leiden und so durfte ich sie nicht mehr sehen. Eineinhalb Monate schon habe ich nicht mehr in ihr süßes Antlitz geblickt. Und nun habe ich erfahren, dass sie in zwei Tagen Sir Stephen of Trent heiraten soll. Er ist ein alter Mann!" Allan a'Dale begann wieder herzzerreißend zu schluchzen.
Little John sprang auf. "Ich hätte nicht übel Lust, diesem alten Sack das Lebenslicht auszublasen. Sicher kauft er sich das Mädchen nur.", schnaubte er. "Ich weiß nicht.", entgegnete Will Scarlet. "Wie kann sie dieser Heirat zustimmen, wenn sie doch Allan liebt? Das verstehe ich nicht." "Du siehst das falsch.", rief Allan. "Sie ist nur lieb und gehorsam. Sie tut, was ihr Vater von ihr verlangt, aber wenn sie diesen alten Mann heiraten muss, dann wird es ihr das Herz brechen und sie wird sterben. Was soll ich nur tun?"
"Sei ganz unbesorgt.", mischte sich nun Robin ein. "Wenn ihr Vater der ist, für den ich ihn halte, dann kann ich ihn dazu überreden, dass er einer Heirat letztendlich doch zustimmt. Aber hat deine Braut auch den Mut, zunächst einmal ohne den Segen des Vaters zu heiraten? Wird sie zu dir stehen?" Allan nickte. "Davon bin ich überzeugt." "Dann fehlt mir nur noch ein Mönch, der euch traut.", dachte Robin laut nach. "So einen kenn' ich.", sagte nun Will Scarlet. "Er wohnt ungefähr einen Tagesmarsch von hier. Wenn wir nur noch zwei Tagen Zeit haben, müssen wir uns sputen, aber ich denke schon, dass er die beiden trauen würde, wenn ihr es wünscht. Versprich' ihm ein gutes Mahl, dann tut er es ganz bestimmt."
In diesem Augenblick war das Mahl angerichtet und alle ließen es sich schmecken. Als sie genug gegessen und getrunken hatten, baten sie Allan a' Dale um ein Lied. Er ließ sich nicht lange bitten und sang das Lied von der Hochzeit der May Ellens, die sich einen Märchenprinzen zum Gemahl ausgesucht hatte.
Die Männer schwiegen und lauschten. So schön war der Gesang des jungen Spielmanns, dass Robin am Ende des Liedes sagte: "Junge, du darfst nie wieder von uns gehen. Willst du nicht bei uns im Wald bleiben?" Und Allan a'Dale küsste Robins Hand und bedankte sich für alles, was Robin für ihn tun würde. In diesem Moment wurde er einer aus Robins Schar.