Der Sheriff war verärgert und ratlos als er erkannte, dass auch mit List und Tücke Robin nicht bei zu kommen war. Auch ärgerte er sich, dass er dem König von Robin Hood erzählt hatte. Nun war er gezwungen, Robin das Handwerk zu legen.
Eines Morgens rief der Sheriff seine Konstabler zusammen und befahl ihnen, sich mit jeweils vier Männern an verschiedenen Punkten des Sherwood-Forests auf die Lauer zu legen. "Hundert Pfund Silberpennys für den, der mir Robin Hood bringt. Tot oder lebendig. Vierzig Pfund für den, der ein Mitglied seiner Bande erwischt. Nun geht und macht eure Sache gut.", befahl er.
Sechzig Trupps von je fünf Männern rückten aus und durchkämmten den Sherwood-Forest. Jeder hoffte natürlich, Robin zu fangen und das Geld zu erhalten. Robin war erzürnt darüber, dass der Sheriff ihm Gewalt antun wollte. Dennoch entschied er, dass er und die Seinen sich im Wald versteckt halten wollten, bis die Häscher des Sheriffs fort waren. Nie wieder wollte er einen Menschen töten und damit Schuld auf seine Seele laden. Die Gefährten schüttelten den Kopf. Und obwohl sie dachten, dass alle sie nun für feige halten würden, gehorchten sie Robin und versteckten sich.
So kam es, dass die Männer des Sheriffs keinen einzigen Mann in grüner Kluft zu sehen bekamen. Robin Hood war rechtzeitig vom Wirt des "Blauen Eber" gewarnt worden. Die Männer des Sheriffs brachen ihre Suche schließlich nach sieben langen Tagen und Nächten entmutigt ab und kehrten nach Hause zurück.
Am achten Tag rief Robin seine Männer zusammen und fragte: "Möchte jemand auskundschaften, was die Männer des Sheriffs nun vorhaben?" Alle Männer begannen zu schreien, denn jeder von ihnen wollte gern der Kundschafter sein. Robin sah seine tapferen Männer mit Stolz an. Schließlich fiel seine Wahl auf Will Stutley, da dieser schlau war wie ein Fuchs. Will freute sich sehr und versprach, Neuigkeiten mit zu bringen. Dann schlüpfte er in ein Mönchsgewand, versteckte sein Schwert unter der Kutte und verließ das Lager.
Auf seinem Weg zu "Blauen Eber" traf er einige Männer des Sheriffs. Schnell zog er seine Kapuze tief ins Gesicht und tat so, als wäre er ins Gebet versunken. Als er am "Blauen Eber" ankam, saßen dort ebenfalls Männer des Sheriffs. Will setzte sich in eine Ecke und wartete darauf, den Wirt allein sprechen zu können. Während er so saß, kam eine Katze und rieb sich an seinen Beinen. Dabei rutschte die Kutte nach oben und gab den Blick auf Wills grüne Beinkleider frei. Just in diesem Augenblick blickte der Konstabler auf und sah das grüne Tuch. Will zog rasch seine Kutte herunter aber es war zu spät.
Der Konstabler richtete das Wort an Will. "Ehrwürdiger Bruder, wollt ihr nicht mit uns trinken?" Will schüttelte stumm den Kopf, da er Angst hatte, sich mit seiner Stimme zu verraten. "Nun, ehrwürdiger Vater, dann sagt mir doch wenigstens wohin ihr zieht.", bohrte der Konstabler, der sich sicher war, einen von Robins Männern vor sich zu haben. "Ich bin auf dem Weg nach Canterbury.", antwortete Will mit verstellter Stimme. Nun wurde es dem Konstabler zu bunt. "Sagt doch Vater, warum tragt ihr grüne Beinkleider unter eurer Kutte? Ihr sei einer von Robin Hoods Männern, da bin ich mir sicher. Und wenn ihr auch nur wagt, zu atmen, dann wird mein Schwert euch durchbohren."
Der Konstabler zog sein Schwert und trat auf Will zu, aber dieser hatte ebenfalls das Schwert gezogen. Sein Schlag war so gewaltig, dass der Konstabler zu Boden stürzte. Will versuchte, zu entkommen, aber noch im Fallen klammerte der Konstabler sich an Wills Beinen fest und riss ihn mit sich zu Boden. Die Männer des Sheriffs stürzten sich nun auch auf Will und obwohl dieser sich tapfer wehrte, fesselten sie ihn schließlich an Händen und Füßen und schleppten ihn davon.
Die Tochter des Wirts zum "Blauen Eber" brachte Robin die schlimme Nachricht. Sie berichtete von dem Kampf und davon, wie Will überwältigt worden war. "Sie bringen ihn nach Nottingham und morgen soll er gehängt werden.", schloss sie ihren Bericht. "Das werden wir noch sehen.", knirschte Robin und blies dreimal in sein Horn. Bald kamen die Gefährten aus allen Richtungen. Hundertvierzig Männer versammelte Robin um sich.
"Will Stutley ist gefangen worden. Er hat so oft sein Leben für uns eingesetzt, dass es nun unsere Pflicht ist, das unsere für ihn einzusetzen. Wenn jemand nicht bereit ist, sein Leben für Will zu geben, so möge er hier im Wald bleiben. Ich will niemanden zwingen, mit uns zu gehen. Ich aber komme morgen mit Will zurück oder ich werde mit ihm zusammen sterben."
Auch Little John und die anderen waren bereit, ihr Leben für Will aufs Spiel zu setzen. Am nächsten Tag verließen sie den Wald in kleinen Gruppen und trafen sich kurz vor Nottingham in einem kleinen Tal. Hier wollten sie warten, bis sie wussten, was mit Will Stutley passieren sollte. Sie mussten lange warten, bis jemand die Straße passierte. Es war ein alter Bettelmönch und Robin schickte den jungen David aus Doncaster, um den Mönch auszufragen.
Von ihm erfuhren Robin Hood und seine Männer, dass Will noch am Abend gehängt werden sollte. Achtzig Schritte vom großen Stadttor entfernt, genau dort, wo sich drei Straßen kreuzten. Als Warnung für alle Geächteten in Nottinghamshire hatte der Sheriff genau diesen Platz ausgesucht. Robin rief seine Leute zusammen und erläuterte seinen Plan: "Wir gehen jetzt gleich in die Stadt und mischen uns unter das Volk. Verliert euch nicht aus den Augen und versucht, so nah wie möglich an den Gefangenen und an die Wachen heran zu kommen. Seht zu, dass ihr in keinen Streit geratet. Wenn es aber passiert, dann schlagt so fest zu, dass ein Schlag reicht. Bleibt immer zusammen, das ist das Allerwichtigste."
Die Sonne stand tief als sich das Burgtor öffnete und der Sheriff mit bewaffneten Rittern und einem Karren, auf dem der arme Will saß, erschien. In der Stadt herrschte große Aufregung und die Straßen waren voll mit Menschen. Will hatte den Strick schon um den Hals. Er sah blass aus und mit den Augen suchte er in der Menge nach bekannten Gesichtern. Als er keine fand, senkte er traurig den Blick. Dann wandte er sich an den Sheriff. "Gebt mir ein Schwert, damit ich gegen euch und eure Männer kämpfen kann. Oder löst wenigstens meine Fesseln und lasst mich mit den Fäusten gegen euch kämpfen. Ich will nicht hängen, wie ein Schächer."
Der Sheriffs lachte höhnisch und sagte: "Will Stutley rutscht vor mir auf den Knien. Aber halt den Mund, du wirst doch gehängt, dort wo die drei Straßen sich kreuzen." "Ihr seid nur zu feige, um gegen mich zu kämpfen. Ganz Nottingham lacht über die Spottfigur, die sich Sheriff nennt. Wartet, bis mein Herr euch wieder begegnet." Der Sheriff sah Will kalt und wütend an. "Spottfigur? Ich mache aus dir eine, Will Stutley. Ich lasse dich nun hängen und hinterher vierteilen. Wer lacht dann am Schluss über wen?" Damit wendete er sein Pferd und ritt davon.
Der Karren mit Will rumpelte aus der Stadt hinaus und Will wurde das Herz schwer, als sein Blick über die liebliche Landschaft streifte. Tränen traten in seine Augen und er senkte den Kopf, denn er wollte nicht, dass alle sahen, wie er weinte. Als er den Kopf wieder hob, fiel sein Blick in ein bekanntes Gesicht. Erstaunt sah er sich um und plötzlich erkannte er Robin. Da wusste er, dass seine Gefährten gekommen waren, um ihn zu retten.
Robin und seine Männer drängten sich eng um Wills Bewacher. "Tretet zurück!", riefen diese ein ums andere mal, aber Robins Männer drängten sich immer dichter an Wills Karren heran. Schließlich gelang es Little John, die Reihen der Bewacher zu durchbrechen. "He, Gesindel. Zurück!", brüllte einer der Bewacher. Little John verpasste ihm einen Hieb, dass er sofort zu Boden ging. Nun erkannte der Sheriff Robin und seine Männer. "Vorsicht! Es ist das Diebsgesindel. Reitet sie nieder.", schrie er und ritt auf Little John zu, der sich geschickt duckte und dem Sheriff im nächsten Augenblick das Schwert entriss. "Hier, Will. Der Sheriff leiht dir sein Schwert." Damit sprang er zu Will Stutley auf den Karren und durchschnitt dessen Fesseln. Sofort sprang Will vom Karren herunter und stellte sich dem Kampf mit den Männern des Sheriffs.
Der Sheriff kochte vor Wut. "Reitet sie nieder!", schrie er schrill. Da ertönte ein Hornsignal und ein Pfeilregen ging auf das Kampfgetümmel nieder. Stahl blitzte auf, Schwerter krachten aufeinander. Der Sheriff hatte keine Waffe mehr und befahl den Rückzug. "Verrat! Zurück, Männer. Zurück!", befahl er und trat den Rückzug an. "Bleibt doch!", höhnte Little John. "Ihr solltet Robin lieber jetzt gegenüber treten, sonst fangt ihr ihn nämlich nie!"
Will Stutley sah Little John an und Tränen traten ihm wieder in die Augen. "Danke, Little John! Du bist der aller treueste Freund, den ich je hatte und es gibt keinen Menschen auf der Welt, der mir mehr bedeutet als du. Ich habe nicht mehr geglaubt, dich wieder zu sehen." Little John war so gerührt, dass auch ihm die Tränen kamen und seine Kehle wie zugeschnürt war.
Robin und die tapferen Männer aus dem Sherwood-Forest verzichteten darauf, die Männer des Sheriffs zu erschlagen. Sie ließen sie im Getümmel entkommen und zogen dann selbst gemeinsam in den Sherwood-Forest zurück. Will ging in ihrer Mitte. Der Sheriff schwor sich, Robin von nun an in Ruhe zu lassen. Dreimal hatte er versucht, ihn zu fangen und war gescheitert. Nun fürchtete er um sein Leben, denn er war dem Herrn der Wälder nur um ein Haar entkommen.