Als ich bei Phelps Farm ankam, war es still wie an einem Sonntag. Es war heiß und die Männer schienen auf dem Feld zu sein. Die Farm war eine kleine Baumwollplantage. Da waren ein paar kümmerliche Fleckchen Rasen, aber sonst war der Hof kahl. In der Mitte stand ein großes Doppelblockhaus für die weißen Besitzer. Dann standen da noch drei kleine Blockhäuser für die Neger und noch ein paar einzeln stehende Häuschen und Nebengebäude.
Als ich mitten im Hof stand, wachten die Hunde auf und gingen auf mich los. Eine Negerin stürzte mit einem Bratspieß in der Hand aus der Küche und schrie: "Nero, Tiger - Kusch!" Die beiden Hunde folgten aufs Wort und anschließend hätten sie sich am liebsten mit mir angefreundet. Ich dachte, dass Hunde eigentlich doch gutmütige Tiere sind.
Aus dem Haus kam eine weiße Frau. Sie war um die fünfzig Jahre alt. Sie lachte übers ganze Gesicht und begrüßte mich. "Tom, dass du endlich da bist. Bist du es auch wirklich. Kinder, seht her! Das ist euer Vetter Tom. Sagt ihm guten Tag."
Sie bot mir ein Frühstück an, doch ich lehnte es ab und behauptete, ich hätte bereits auf dem Dampfer gefrühstückt. Sie fragte mich, weshalb ich so spät dran wäre. Ich überlegte krampfhaft, was ich jetzt tun sollte. Ich musste irgendwie heraus bekommen, für wen genau sie mich hielt. So lange würde ich sie mit einer meiner Geschichten beruhigen.
"Auf dem Dampfer ist ein Kessel explodiert. Aber es wurde niemand verletzt. Dann habe ich mein Gepäck bei der Landungsstelle gelassen und mir ein wenig die Stadt angesehen. Es war noch so früh.", erzählte ich vorsichtig.
"Aber Kind, dir wird das Gepäck gestohlen werden."
"Nein. Wo ich es versteckt habe sicher nicht."
Mir wurde unbehaglich, dass ich gar nicht mehr richtig hinhören konnte, was sie sagte. Vielleicht könnte ich die Kinder ein wenig aushorchen, und fragen, wer ich eigentlich sein soll. Doch ich hatte mich mächtig festgerannt. Hier ist wieder einmal ein Augenblick, sagte ich zu mir selbst, wo ich es mit der Wahrheit versuchen muss. Gerade als ich den Mund aufmachen wollte, packte sie mich und schob mich hinter das Bett: "Da kommt er. Lass nicht merken, dass du schon da bist. Ich will ihm einen Streich spielen." Die Kinder kicherten.
Jetzt saß ich in der Falle. Mir blieb nichts anderes übrig, als stillzuhalten und das unausweichliche Donnerwetter auf mich zukommen zu lassen. Ein alter Herr betrat das Zimmer und Mrs. Phelps sprang auf und fragte, ob er angekommen sei. Er verneinte und erzählte von seiner Sorge um den erwarteten Gast. "Es ist furchtbar, Sally", sagte er, "der Dampfer muss verunglückt sein!"
"Wieso Silas! Sieh mal die Landstraße lang. Kommt da nicht einer?", fragte sie. Und während ihr Gatte zum Fenster ging, gab sie mir einen Schubs. Ich kroch raus und wie der Mann sich umdrehte, strahlte sie ihn an. Ich stand ziemlich betreten daneben und war in Schweiß gebadet.
Der alte Herr starrte mich an und fragte, wer ich denn sei. Seine Frau klärte ihn auf: "Na, erkennst du ihn nicht wieder? Es ist Tom Sawyer!"
Der Mann nahm meine Hand und schüttelte sie. Seine Frau tanzte durch den Raum und bestürmte mich mit Fragen über Sid und Mary und die ganze Gesellschaft. Und ich war erleichtert, dass ich endlich wusste, für wen sie mich hielten. Natürlich erzählte ich ihnen mehr von "meiner" Familie (also von Toms Familie).
Nach einer Weile hörte ich den Dampfer den Fluss runterkeuchen. Was wird passieren, wenn Tom Sawyer nun auf dem Dampfer ist und hier reinkommt, mich bei meinem Namen nennt bevor ich ihn warnen kann? Das durfte auf keinen Fall geschehen.
Ich sagte zu den beiden, dass ich nun in der Stadt mein Gepäck holen wolle. Die Hilfe des alten Mannes schlug ich natürlich aus. Ich könne selber kutschieren und ich wolle nicht, dass er sich meinetwegen noch mehr Mühe mache.