Anfangs behandelte man mich in meinem neuen Stall gut. Es war ein Getreidehändler und Bäcker, der allerdings besser daran getan hätte, ein wenig mehr nach mir zu sehen. Sein Vorarbeiter trieb stets zur Eile, lud viel zu viel Gewicht auf den Wagen. Dazu kam, dass er sich vom Fuhrmann nicht belehren lassen wollte, dass man uns zu viel zumutete. "Das Geschäft geht vor!", sagte er immer.
Jakes benutzte leider Aufsatzzügel, wie die anderen Kutscher auch. So wurde mir die Arbeit wieder unnötig schwer gemacht. Nach drei bis vier Monaten bemerkte ich bereits, dass ich dieser Arbeit fast nicht mehr gewachsen war. Als man mir eines Tages noch mehr Gewicht auflud, und ich den Berg fast nicht hinaufkam, griff Jake zur Peitsche und machte ordentlich Gebrauch davon.
Ich versuchte wirklich mein Bestes, aber die Ladung war einfach zu schwer. Jake wurde immer zorniger und hieb auf mich ein. Da kam eine Dame auf uns zu: "Bitte, guter Mann, hören Sie auf, das arme Pferd zu schlagen. Es tut doch bereits, was es kann!"
Es folgte ein Wortwechsel, in dem Jakes zu erkennen gab, dass es nicht seine Schuld sei. Der Vorarbeiter befehle ihm, diese Ladungen zu transportieren. "Dann muss das Pferd eben noch mehr tun!", schloss er seine engagierte Rede.
"Bitte, mein Herr!", rief die Dame, als Jake wieder die Peitsche hob, "lassen Sie sich von mir helfen. Wenn sie dem Pferd die Aufsatzzügel abnehmen, wird es den Berg bewältigen." Sie lächelte ihn freundlich an.
Jakes ließ sich darauf ein - wahrscheinlich nur, um der Dame einen Gefallen zu tun. Es war ein herrliches Gefühl, diese schrecklichen Aufsatzzügel nicht mehr zu spüren. Ich lockerte mein steifes Genick. Die Dame streichelte mir über den Rücken und freute sich mit mir. Jakes trieb mich an. Nun, da ich den Kopf senken konnte, bewältigte ich auch die schwere Last und zog alles bis ganz hinauf. Ohne Pause.
Die Dame ging neben uns her und oben unterhielten sie sich noch eine Weile über die Art, Pferde zu behandeln. Sie erklärte Jakes, dass es schon wieder aus der Mode käme, Aufsatzzügel zu benutzen. Ihre eigenen Pferde hätten schon seit fünfzehn Jahren keine mehr zu sehen bekommen. Dann verabschiedete sie sich von uns.
Jakes war beeindruckt. Selten hatte eine Lady mit ihm gesprochen, wie mit einem Gentleman. Wahrscheinlich nahm er deshalb ihren Rat an und ab diesem Tag befestigte er den Aufsatzzügel nur noch locker und bergauf verzichtete er ganz darauf. Trotzdem blieben die Lasten dieselben und es kam der Tag, da musste man an meiner statt ein jüngeres Pferd kaufen.
Dazu kam, dass ich hier etwas erdulden musste, von dem ich bisher lediglich gehört hatte. Unser Stall war ganz abgedunkelt und wenn ich hinausgeführt wurde, kam es vor, dass ich so geblendet war, dass ich über die Schwelle stolperte. Hätte man mich noch länger dort gelassen, wäre meine Sehkraft sicher geschwächt worden. Und sehschwache Pferde werden schreckhaft und scheuen öfter. Außerdem machte dieses düstere Licht auch eine düstere Stimmung. Glücklicherweise blieb der Aufenthalt dort ohne schlimmere Auswirkungen auf meine Augen und man verkaufte mich an einen größeren Droschkenbesitzer.