Eines Tages, während wir mit anderen Droschken am Park warteten, hielt eine schmutzige alte Kutsche neben uns. Das ungepflegte Fell des Pferdes fiel mir sofort auf. Es hatte geschwollene Knie und man konnte die Rippen zählen. Als der Wind ein wenig von meinem Heu rüberblies, schnappte das arme Tier sofort danach.
Dann blickte es mich an, in der Hoffnung, dass es noch mehr bekam. Aufgrund des traurigen Blicks betrachtete ich das Pferd genauer. Während ich noch überlegte, woher mir dieses Tier wohl so bekannt vorkam, rief es: "Bist du nicht Black Beauty?"
Sofort erkannte ich sie wieder - es war Ginger. Oh, wie hatte sie sich verwandelt. Aus dem wohlgeformten, hübschen Pferd war ein abgemagertes und eingefallenes Arbeitspferd geworden. Das einst so temperamentvolle Gesicht trug nun leidvolle Züge und anhand des Hustens ließ sich leicht erkennen, dass es um ihre Gesundheit nicht gut stand.
Da unsere Kutscher ein paar Schritte von uns entfernt standen, hatten wir Gelegenheit, zu einer kurzen Unterhaltung. Ginger erzählte mir ihre leidvolle Geschichte.
Ein Jahr durfte sie sich noch auf Earlshall erholen, dann wurde sie weiterverkauft. Nach einiger Zeit, in der sie wieder normal arbeitete, holte sie nach einem übertriebenen Ritt ihre Krankheit wieder ein. Wieder durfte sie sich erholen und wurde wieder weiterverkauft. So ging das mehrmals weiter. Mit ihr ging es ständig bergab. Zuletzt landete sie bei einer Droschkenvermietung.
"Du siehst gut aus", sagte sie zu mir. "Bei mir ist das anders. Inzwischen darf ich nur noch die billigen Droschken ziehen, damit ich wenigstens noch einen kleinen Teil des Geldes, das ich den Besitzer gekostet habe, herausarbeiten kann. Ohne Rücksicht auf meine Gesundheit werde ich geschlagen, damit ich meine letzte Kraft noch mobilisieren kann. Dabei denkt niemand an mich. Es geht nur darum, das Geld, das ich mal gekostet habe, wieder herauszuholen aus meiner Leistung. Deshalb darf ich nicht einmal sonntags ausruhen."
Ich erinnerte sie daran, wie sie sich früher beherzt zur Wehr gesetzt hatte, wenn sie schlecht behandelt worden war. Aber Ginger hatte resigniert und meinte: "Die Menschen sind doch sowieso stärker als wir. Uns bleibt nur noch, das ganze Elend auszuhalten, bis zum Tod. Ich wünschte, es wäre schon soweit. Am liebsten wäre es mir, während der Arbeit tot umzufallen - dann würde mir der Pferdeschlächter erspart bleiben."
Erschütterte stupfte ich sie mit meiner Nase an. Doch tröstende Worte wollten mir nicht einfallen. Aber ich spürte, dass sie sich freute. Sie sagte: "In meinem Leben gab es nur einen wirklichen Freund - und das warst du."
Als ihr Kutscher wieder kam, legte er zackig los und ich blieb bekümmert zurück. Nach einigen Wochen fuhr ein Wagen an uns vorbei, aus dem der Kopf eines toten Pferdes hervorlugte. Eingefallene Augen und eine bluttriefende Zunge konnte ich erkennen. Der Anblick war so schrecklich, dass ich am liebsten gar nicht mehr daran denken würde. Aber ich hatte die Blesse auf der Stirn gesehen und war mir fast sicher, dass es Ginger war. Eigentlich hoffte ich es für sie. Dann wäre ihr Leiden endlich vorüber. Es wäre schön, wenn die Menschen barmherzig genug wären, uns zu erschießen, bevor wir ein solch leidvolles Ende ertragen müssen.