Mit einer Rekordzahl an Demonstranten und einer Begegnung zwischen Mönchen und der unter Hausarrest stehenden Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi haben die Proteste in Birma eine neue Dimension erreicht.
Der Widerstand gegen das Militärregime in Birma wird immer stärker. Kürzlich demonstrierten in der Stadt Rangun etwa 15.000 Menschen erstmals mit offen politischen Parolen gegen das Regime. "Freiheit für Aung San Suu Kyi!" forderten einige. Sie wird seit Jahren als politische Gefangene unter Hausarrest festgehalten. Nachdem 2000 Mönche eine Straßensperre umgangen hatten und zu ihrem Haus gezogen waren, zeigte sie sich – entgegen das Verbot – zum ersten Mal seit vier Jahren kurz vor ihrem Haus. "Gut gemacht", sagte sie nach Angaben von Augenzeugen.
3000 Mönche zogen später in Rangun zum größten Heiligtum des Landes, der 100 Meter hohen Shwedagon-Pagode. Sie trugen politische Plakate. Darauf stand zum Beispiel: "Gerechtigkeit wird Ungerechtigkeit bezwingen". Den Mönchen in ihren orange-roten Kleidern schlossen sich erstmals auch 300 Nonnen ganz in Weiß an. Mehr als 10.000 Menschen standen auf den Straßen um die Pagode. Dort hatte Suu Kyi 1988 vor zehntausenden Anhängern den Widerstand gegen das Militär angeführt. Damals wurde der Aufstand brutal beendet. Etwa 3000 Menschen starben dabei.
Das Regime in Birma ist wegen extremer Menschenrechtsverletzungen weltweit bekannt. "Dies ist der Anfang vom Ende", sagt der Birma-Spezialist Jarry Jagan. Am Anfang richteten sich die Proteste der Mönche gegen steigende Preise. Doch mit dem Besuch bei Suu Kyi hätten die Mönche ihren Protest mit der Demokratieforderung der Opposition verbunden und dem Militärregime den Kampf angesagt.
In Birma gibt es ungefähr 400.000 Mönche. Wie viele davon sich dem Protest angeschlossen haben, ist unklar. Das Militärregime, die normalerweise keine öffentliche Kritik duldet, steht jetzt vor einem Problem. Sollte sie gewaltsam gegen die hoch verehrten und unantastbaren Mönche vorgehen, könnte ein Aufstand die Folge sein. Lassen die Generäle die Demonstrationen dagegen weiter zu, könnten sich immer mehr Bürger anschließen.
GLOSSAR
Militärregime, das – eine Regierung, die autoritär ist und von der Armee geführt wird
Mönch, der – ein religiöser Mann, der in einem Kloster wohnt
Hausarrest, der – das Verbot, das Haus zu verlassen
Oppositionsführerin, die – eine Frau, die sich gegen die Regierung stellt und viele Mitglieder hat
Straßensperre, die – eine Blockade auf der Straße, die niemand überqueren darf
etwas umgehen – einen anderen Weg gehen damit man ein Hindernis vermeidet
ziehen – hier: gehen; wandern
Augenzeuge, der – jemand, der ein Ereignis miterlebt und darüber berichten kann
Pagode, die – ein Gebäude mit mehreren Etagen, das wie ein Turm gebaut ist
bezwingen – besiegen
sich jemandem anschließen – sich an einer Handlung von jemandem beteiligen
Nonne, die – eine religiöse Frau, die in einem Kloster lebt
Anhänger, der – ein Mitglied
etwas anführen – etwas leiten; für etwas verantwortlich sein
Aufstand, der – der Protest; eine starke Demonstration
etwas dulden – etwas nicht mögen, aber es trotzdem erlauben
unantastbar – respektiert
gegen jemanden vorgehen – etwas gegen jemanden unternehmen