Als billige Produktionsstätte und Paradies für Raubkopierer ist China bekannt. Doch inzwischen gestalten die Chinesen mehr und mehr Produkte selber. Werden sie die westliche Warenwelt verändern?
Ob Hersteller für Haushaltstechnik, ob Elektronikkonzerne, ob Computerproduzenten oder Hersteller für Handys – die Chinesen legen immer mehr Wert auf eigene Produktgestaltung. "In China und auch Taiwan setzt sich die Erkenntnis durch, dass es mit bloßer Nachahmung nicht getan ist", sagt Ralph Wiegmann, Geschäftsführer des International Forums Design Hannover (iF). Das zeige allein die steigende Anzahl von Nominierungen und Preisen chinesischer Firmen bei globalen Designwettbewerben.
Aber wodurch zeichnet sich chinesisches Design aus? Gibt es so etwas überhaupt? "Durchaus", meint Wiegmann. Bestes Beispiel sei das typische Tee-Service. Im gestalterischen Umgang mit sehr dünnem Porzellan hätten die Chinesen eine große Kompetenz. Allerdings: "Ihre Versuche, globale Produkte mit einem nationalen Design herzustellen, gehen meist schief", weiß der Fachmann und nennt einen Staubsauger mit dem Aussehen eines Hundes. Solche spielerischen Elemente kauft eine westliche Kundschaft nun mal nicht. Im digitalen Design gebe es hingegen kein nationales Design: "Ein Flachbildschirm ist ein Flachbildschirm."
Nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" waren es Chinesen, die bei der Entstehung der weltweit erfolgreichen McDonald's Werbekampagne tatkräftig mitgeholfen haben: "I'm lovin' it!", "Ich liebe es!" ertönte es vor einigen Jahren um den Erdball, wo immer Hamburger der US-Kette beworben wurden. Und auch das Handy zum Aufklappen haben wir demnach den Chinesen zu verdanken. Verliert der Westen also das "Gestaltungsmonopol für die Alltagswelt", wie es das deutsche Blatt zuspitzt? iF-Geschäftsführer Ralph Wiegmann wiegelt ab: "Da müssen wir uns keine Sorgen machen." Nach wie vor sei China eher Nachahmer und Nachzieher als Innovator. Das bedeute jedoch nicht, dass es sich westliche Designer gemütlich machen dürften.
GLOSSAR
Paradies, das – ein sehr schönes Gebiet, in dem man sich wohl fühlt und alles bekommt, was man braucht
Raubkopierer, der – jemand, der ein Produkt illegal nachahmt
Handy, das – die eingedeutschte Form für das englische Wort "mobile phone" oder "cell phone"; das Mobiltelefon
bloß - einfach
Nominierung, die – das Auswählen von Teilnehmern für einen Wettbewerb
sich durch etwas auszeichnen – sich durch eine Eigenschaft von anderen abheben
durchaus – auf jeden Fall; sicherlich
etwas geht schief – umgangssprachlich für: etwas hat keinen Erfolg
Staubsauger, der – ein Gerät, mit dem man Teppiche reinigt
Kundschaft, die – eine Gruppe von Käufern
tatkräftig – fleißig
ertönen – eine Musik ist zu hören
Erdball, der – umgangssprachlich: die Welt
Gestaltungsmonopol, das – die alleinige Kontrolle über die Entwicklung von Designs
Blatt, das – die Zeitung
etwas zuspitzen – etwas so ausdrücken, dass es dramatisch oder gefährlich klingt
abwiegeln – beruhigen
eher – hier: mehr
Nachzieher, der – jemand, der sich an der Handlung eines anderen orientiert und es dann genauso macht