Mit einem Anruf bei den Medien sorgte der bayerische CSU-Sprecher Hans Michael Strepp für einen Skandal. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Politiker in Deutschland heftige Diskussionen über die Pressefreiheit auslöst.
Ein Telefonat sorgt in Deutschland für Wirbel: Hans Michael Strepp, der Sprecher der Partei Christlich-Soziale Union in Bayern, soll am 21. Oktober 2012 telefonisch vom Fernsehsender ZDF verlangt haben, nicht über Treffen der bayerischen SPD – also über den direkten politischen Konkurrenten – zu berichten. War das ein Versuch, die Medienberichterstattung zu beeinflussen? Strepp bestreitet das.
Details des Telefonats sind nicht bekannt. Aber allein der Anruf und der Rücktritt des CSU-Sprechers zeigen eins: Mal wieder hat ein Politiker eine Grenze überschritten. Denn erst ein halbes Jahr vorher musste der damalige Bundespräsident Christian Wulff zurücktreten – unter anderem, weil er versucht hatte, zu verhindern, dass das Boulevardblatt „Bild“ negativ über ihn schreibt.
Medien und Öffentlichkeit in Deutschland reagieren allergisch auf solche Versuche. Und auch, wenn Strepp seinen Posten mittlerweile geräumt hat, ist die Diskussion damit nicht beendet. Der Journalist Hendrik Zörner ist empört: „Das ist absolut nicht hinnehmbar, was der CSU-Sprecher sehr wahrscheinlich getan hat. Das ist der massive Versuch gewesen, in die Freiheit der Berichterstattung einzugreifen“, sagt er.
So wie er beurteilen viele Medienexperten, darunter auch die Medienwissenschaftlerin Barbara Thomaß, dieses Verhalten als Angriff auf die Pressefreiheit. Sie hebt aber die öffentliche Empörung über das Ereignis positiv hervor: „Es zeigt, wie empfindlich dieser Bereich ist. Das ist das Gute in dem bedauerlichen Fall.“
Glossar
CSU nur Sgl. (f.) – Christlich-Soziale Union, der Name einer konservativen Partei in Deutschland
Pressefreiheit nur Sgl. (f.) – das Recht der Medien, frei über Ereignisse zu berichten
etwas auslösen – der Grund/die Ursache für etwas sein
für Wirbel sorgen – umgangssprachlich für: für Aufmerksamkeit sorgen
Fernsehsender, - (m.) – die Institution, in der ein Fernsehprogramm produziert wird
SPD nur Sgl. (f.) – sozialdemokratische Partei Deutschlands, der Name einer Partei
Berichterstattung, -en (f.) – die Art und Weise, wie in den Medien über etwas berichtet wird
etwas bestreiten – sagen, dass etwas nicht so war
eine Grenze überschreiten – hier: etwas tun, was man eigentlich nicht darf
Bundespräsident, -en (m.) – das Staatsoberhaupt, das Deutschland repräsentiert
zurücktreten – sein Amt abgeben
Boulevardblatt, -blätter (n.) – eine Zeitung, die vor allem über Sensationen und Skandale berichtet und teilweise negativ über Leute schreibt
jemanden von etwas abhalten – dafür sorgen, dass jemand etwas nicht tut
allergisch reagieren – hier: sehr gereizt sein; sehr verärgert sein
seinen Posten räumen – umgangssprachlich für: sein Amt abgeben
hin|nehmbar sein – so, sein, dass man es akzeptieren kann
empört über etwas sein – böse über etwas sein; verärgert über etwas sein
massiv – hier: sehr stark; sehr heftig
in etwas ein|greifen – etwas beeinflussen
empfindlich – sensibel
bedauerlich – hier: so, dass es eine Schande ist