Burschenschaften gibt es seit fast 200 Jahren in Deutschland. Heute gelten sie als sehr konservativ und nationalistisch. Denn immer wieder fallen ihre Mitglieder durch rechte Äußerungen auf.
Burschenschaften haben eine lange Tradition. Es gibt sie seit dem 19. Jahrhundert. Auch heute noch sind traditionelle Rituale in vielen dieser Verbindungen wichtig: Zum Beispiel zeigen manche Mitglieder mit Stolz Narben, die in Fechtduellen entstanden sind. Bei offiziellen Treffen werden Abzeichen getragen, die an das Militär erinnern.
Die meisten Burschenschaften nehmen weder Frauen noch Ausländer auf. Während ihres Studiums wohnen die Mitglieder gemeinsam in Verbindungshäusern, die von älteren Mitgliedern finanziert werden. Denn wer einmal in einer Burschenschaft war, bleibt es oft sein Leben lang. Darum sind Burschenschaften für junge Studenten auch so interessant: Sie werben sowohl mit günstigen Mieten als auch mit sozialen Kontakten, die den Studenten im späteren Berufsleben Vorteile bringen können.
Bereits in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts waren viele Burschenschaften stark von der nationalsozialistischen Ideologie beeinflusst. Auch heute noch machen sie immer wieder durch rechte Äußerungen auf sich aufmerksam. So wollte zum Beispiel 2011 eine Bonner Burschenschaft eine Satzungsänderung beantragen: Deutsche Bewerber, die keine deutschen Eltern haben, sollten abgelehnt werden. Zwar wurde der Antrag zurückgezogen, aber zu diesem Zeitpunkt diskutierte bereits die Öffentlichkeit darüber.
Dem Politikwissenschaftler Joachim Perels zufolge wird durch solche Vorfälle deutlich, dass sich die Burschenschaften nicht genug mit ihrer eigenen Vergangenheit beschäftigt haben. Er sagt: „Die Gedankenwelt der 20er Jahre – antisemitisch, antidemokratisch, antiliberal, antipazifistisch – ist von den Burschenschaften nie selbstkritisch aufgearbeitet worden. Aber erst das wäre ein Schritt nach vorne!“
Glossar
rechts – hier: so, dass man nationalistisch und ausländerfeindlich denkt (auch: rechtsextrem)
Rand, Ränder (m.) – hier: eine politische Einstellung, die weit von der durchschnittlichen Meinung abweicht
Burschenschaft, -en (f.) – ein traditioneller Zusammenschluss von Studenten
als etwas gelten – von den meisten Menschen als etwas gesehen werden
nationalistisch – so, dass man sehr stolz auf sein Land ist
durch etwas auf|fallen – hier: von der Öffentlichkeit (z. B. den Medien) bemerkt werden
Ritual, -e (n.) – etwas, das man immer wieder tut; die Traditio
Verbindung, -en (f.) – hier: ein Zusammenschluss von Studenten, z. B. eine →Burschenschaft
Narbe, -n (f.) – eine bleibende Hautwunde, die durch eine Verletzung entstanden ist
Fechtduell, -e (n.) – ein Kampf zwischen zwei Menschen mit Schwertern, Degen o. Ä.
Abzeichen, - (n.) – hier: ein Kennzeichen oder Symbol für eine bestimmte Gruppe
Nazizeit (nur Singular) (f.) – Abkürzung für: die Diktatur Adolf Hitlers (1933 - 1945)
nationalsozialistische Ideologie, -n (f.) – z. B. antidemokratische, →antisemitische Ideen
durch etwas auf sich aufmerksam machen – durch etwas → auffallen
Satzung, -en (f.) – das allgemeine Regelwerk; die Vorschriften
einen Antrag zurück|ziehen – etwas doch nicht beantragen, obwohl man es geplant hatte
Vorfall, Vorfälle (m.) – ein Ereignis
Gedankenwelt (nur Singular) (f.) – hier: die Ideen; die →Ideologie
antisemitisch – so, dass jemand Vorurteile gegen Juden hat
antipazifistisch – so, dass jemand glaubt, dass Gewalt eine gute Problemlösung ist
selbstkritisch – so, dass jemand sein eigenes Verhalten negativ beurteilen kann
etwas auf|arbeiten – sich kritisch mit etwas beschäftigen