Ein Sommermärchen- wider aller Erwartungen verlief die WM vergleichsweise gewaltfrei. Doch in den unteren Ligen sind Schlägereien und Randale traurige Realität. Sind friedliche Fans etwa nur ein Wunschtraum?
Bilder von Gewalt in und um Fußballstadien haben sich in den vergangenen Wochen in das öffentliche Bewusstsein gebrannt. Vor allem die Amateur-Ligen bereiten Fußballfunktionären derzeit Sorgen. "Dass es wirklich mehr Gewalt als früher gibt, können wir jedoch nicht feststellen", sagt Frank Scheulen von der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) der Polizei in Düsseldorf. Allerdings habe sich die Wahrnehmung geändert: "Nach der friedlichen Weltmeisterschaft haben Träumer wohl gehofft, dass Fußball jetzt immer so bleibt." Das Sommermärchen WM - es ist nicht in Einklang zu bringen mit der Realität der unteren Ligen. Die ZIS schätzt, dass es bundesweit 10.500 gewaltbereite Fussballfans gibt.
Nach Ansicht von Christian Kabs sind das größte Problem diejenigen, die gewalttätig werden, wenn sie sich provoziert fühlen. Kabs arbeitet beim Dresdner Fanprojekt. Fanprojekte organisieren, Fahrten zu Auswärtsspielen und Treffen mit Fans anderer Vereine und wollen so vor allem Jugendliche an ein friedliches Fan-Sein heranführen.
Die aktuelle Gewaltdiskussion sehen viele Fanprojekte zwiespältig. Einerseits tut die erhöhte Aufmerksamkeit den chronisch unterfinanzierten Projekten gut. Andererseits fürchten einige, dass der Ruf nach mehr Repression auch kontraproduktiv sein kann. Im Nachbarland Niederlande hat sich zum Beispiel gezeigt, dass weniger Polizeipräsenz in Stadien die Lage auch entspannen kann. "Die Polizisten sind in den vergangenen Jahren vielerorts durch vereinsinterne Wärter ersetzt worden", erklärt Edu Jansing von der Stiftung "Meer dan Voetbal" (Mehr als Fußball). Da diese einen besseren Draht zu den Fans hätten, sei die Atmosphäre weniger aufgeladen. Gleichzeitig habe man jedoch auch die Strafen für Krawallmacher verschärft.
GLOSSAR:
Randale, die – die Unruhestiftung
sich in das Bewusstsein brennen – fest im Gedächtnis bleiben
Sorgen bereiten – Sorgen machen
derzeit – zurzeit; im Moment
allerdings – jedoch
Wahrnehmung, die – die Sicht auf etwas
etwas mit etwas in Einklang bringen – miteinander vereinbaren
bundesweit – in ganz Deutschland
Auswärtsspiel, das – ein Spiel am Ort des Gegners
jemanden an etwas heranführen – jemanden mit etwas vertraut machen
chronisch unterfinanziert sein – ständig zu wenig Geld zur Verfügung haben
gut tun – gut sein für etwas
fürchten – Angst haben
kontraproduktiv – negativ; so, dass ein gewünschtes Ergebnis verhindert wird
einen guten Draht zu jemandem haben – gute Beziehungen zu jemandem haben
die Atmosphäre ist aufgeladen – die Stimmung ist angespannt
Krawallmacher, der – jemand, der Lärm macht, der Konflikte sucht, oft auch gewalttätig ist