Menschen lassen sich mit Röntgenstrahlen durchleuchten. Wie aber blickt man in das Innere eines Motors? Ganz einfach, sagen Physiker: Mit Neutronen, also mit winzigen Kernteilchen. Allerdings: Ein Problem gibt's.
Mit Neutronen lassen sich Werkstücke, Halbleiterchips oder Kunststoffe bestrahlen und regelrecht durchleuchten. Spannend ist das unter anderem für die Automobilindustrie. Man lässt den Motor in einem Neutronenstrahl laufen und ein Film nimmt in Millisekunden-Schritten auf, wie der Motor läuft. Eine interessante Erfindung, die Wissenschaftlern Einblicke in komplizierte Mechanismen ermöglicht. Ein Problem gibt es allerdings: Neutronen werden per Kernreaktor erzeugt. In Deutschland aber sind Reaktoren ziemlich unbeliebt. Deshalb haben sich Forscher der TU München jede Menge Kritik eingehandelt, als sie in Garching bei München einen neuen Forschungsreaktor bauten, den FRM-II. Jahrelang gab es Streit um die Genehmigung. Nun aber läuft seit gut einem Jahr der Routinebetrieb.
Der FRM-II dient weder als Kraftwerk noch soll er die Kerntechnik weiterentwickeln. Stattdessen nutzt ihn die Wissenschaft als eine Fabrik für Neutronen. Die Neutronen entstehen bei der Kernspaltung im Reaktor. Sie sind winzige Kernteilchen mit einer besonderen Eigenschaft, wie Winfried Petry, wissenschaftlicher Direktor in Garching, betont: "Neutronen sind für uns wie Licht." Sie können sehr tief ins Material eindringen und dort erkunden, ob das Material zum Beispiel winzige Poren oderRisse besitzt.
Aber mit dem Münchener Reaktor wird nicht nur geforscht, sondern auch produziert - und zwar für die Chipindustrie. Dazu verunreinigen Experten reines Silizium mit Phosphor und machen es dadurch elektrisch leitfähig, sodass man es zu Computerchips weiterverarbeiten kann. Anderen Fachleuten hingegen dient der Reaktor zur Grundlagenforschung. Sie interessieren sich zum Beispiel dafür, wie im Detail die Wand einer biologischen Zelle aufgebaut ist und wie sie funktioniert.
Doch einen Wermutstropfen gibt es für Petry und seine Leute: Zurzeit läuft der Reaktor mit hochangereichertem Uran - was sich potenziell als Sprengstoff für Atombomben missbrauchen ließe. Deshalb haben sich die Forscher verpflichtet, im Jahre 2010 detaillierte Pläne für Brennelemente mit weniger hoch angereichertem Uran vorzulegen.
GLOSSAR:
winzig – sehr klein
regelrecht – wirklich
spannend – interessant; aufregend
per – durch
jede Menge Kritik – viel Kritik
sich etwas einhandeln – durch sein Handeln etwas Negatives erleben
Genehmigung, die – die Erlaubnis
Routinebetrieb, der – das normale Arbeiten der Maschinen
als etwas dienen – zu einem bestimmten Zweck eingesetzt werden
eindringen – in etwas hinein gelangen
erkunden – erforschen
Pore, die – eine sehr kleine Öffnung
Riss, der – eine lange, sehr dünne Öffnung
leitfähig – so, dass Strom hindurch fließen kann
es tut sich etwas – es bewegt sich etwas; es geschieht etwas
etwas lässt sich machen – etwas kann gemacht werden
Wermutstropfen, der – etwas Unangenehmes, das eine schöne Sache weniger erfreulich macht
zurzeit – im Moment
potenziell – möglich
missbrauchen – falsch gebrauchen; für etwas Schlechtes nutzen
sich zu etwas verpflichten – fest versprechen oder auch vertraglich festlegen, etwas zu tun