Weit hinabtauchen, immer länger unter Wasser bleiben, dafür riskierten Tauchpioniere wie der Schweizer Hannes Keller ihr Leben. Am 3. Dezember 1962 wagte er einen Weltrekord im Tiefseetauchen. Ein dramatischer Tag.
Eine Strafe! Ein Albtraum! Mindestens ein Grund zur Flucht - für die meisten Menschen. Für Hannes Keller - ein Triumph: In einem ehemaligen Ölfass zu stecken und so verpackt im Wasser des Zürichsees versenkt zu werden. 120 Meter tief. Vier Minuten lang. Nur, um zu beweisen, dass man sich mit dem Zeug, das man während dieser Zeit einatmet, nicht umbringt! Denn Hannes Keller hat es überlebt.
Selbstversuch zum Tiefenrausch
Für den begeisterten schweizer Taucher Keller war es vermutlich weniger ein Experiment auf Leben und Tod als der Beleg einer schlüssigen, wissenschaftlichen These. Weit unten im Zürichsee wollte Hannes Keller 1952 zeigen, dass der Tiefenrausch, den die Tauchpioniere so fürchteten, durch zu viel Sauerstoff im Blut ausgelöst wird. Tiefenrausch ähnelt vom Gefühl her einem Alkoholrausch, nur hat er noch dazu narkotisierende Wirkung. Und die kann ein Taucher nun mal überhaupt nicht brauchen. Für Taucher ist ein klarer Kopf überlebenswichtig, mitten in einem Element, für das Menschen nicht gemacht sind und in dem sie sich eh nur mit Hilfe empfindlicher Geräte aufhalten können.
Immer wieder experimentierten Pioniere wie Hannes Keller mit neuen Gasmischungen in ihren Atemflaschen und sie riskierten dabei ihr Leben.
95 Prozent Stickstoff und nur fünf Prozent Sauerstoff benutzte Keller im Zürichsee. Damals begann weltweit die Hochphase der Unterwasser-Euphorie: Wenn Unterwasser-Helden wie Jacques Cousteau oder Hans Hass in ihre U-Boote kletterten und abtauchten in die unbekannte Welt der Meere, saßen Millionen Zuschauer vor dem Fernseher. Viele von ihnen, sogar Wissenschaftler, träumten damals davon, das Atemproblem unter Wasser zu lösen, so dass Menschen eines Tages im Wasser leben könnten!
In diesem Age of Aquarius wollte Keller einen neuen Rekord aufstellen. Den Weltrekord für Tiefseetauchen mit Druckluftflaschen. Natürlich begleitet von Kamerateams. Am 3. Dezember 1962 ging es los. Vor der kalifornischen Küste ließ er sich von einem Schiff 300 Meter tief abseilen, gemeinsam mit einem Kollegen, zunächst mal in einer Tauchkammer. Unten angekommen wollten die Beiden die Luke ihrer Tauchkammer öffnen, für einige Minuten umher schwimmen und dabei als klassisches Triumphzeichen ihre Landesfahnen in den Meeresgrund stecken. Genau dieses verspielte Detail hätten sie wohl lieber weglassen sollen.
Weltrekord mit Todesfällen
Zwar konnte Hannes Keller den Tiefenrekord aufstellen und bis 1975 halten. Aber für seinen Kollegen war die Aufregung zu viel, als er mit ansehen musste, wie Keller sich mit seinem Atemgerät in den Fahnen verhedderte und ganze zwei Minuten brauchte, um sich zu befreien. In 300 Metern Tiefe!
Zurück in der schützenden Tauchkammer verloren beide das Bewusstsein. Der Kollege wachte nicht mehr auf. Und ein dritter Taucher verschwand für immer im Meer, als er die Tauchkammer überprüfen wollte, weil sie auf dem Rückweg zur Oberfläche Luft verlor.