Der junge Pater Gregor Mendel wunderte sich über ein eher gewöhnliches Gemüse, die Erbse, und begann mit Kreuzungsversuchen. Am 8. Februar 1865 stellte er seine Ergebnisse vor und wurde zum Stammvater der Genetik.
Er war kein Biologe. Möglicherweise war das der Grund, warum die Universitätsprofessoren, denen er seine Studie schickte, sich gar nicht erst die Mühe machten, den Aufsatz zu lesen. Ein Mönch hatte im Klostergarten mit Erbsen experimentiert und glaubte, Vererbungsregeln herausgefunden zu haben - lächerlich, der Bursche hatte ja nicht einmal Biologie studiert. Also weg damit! Gregor Mendel, der junge Pater im Augustinerstift St. Thomas in Brünn, wartete vergebens auf Antwort von den Universitäten München, Wien und Innsbruck. Um seine Studien in einem Buch zu veröffentlichen, fehlte ihm das Geld. Es gab nur noch eine dritte, bescheidene Möglichkeit: den Vortrag im "Naturforschenden Verein" zu Brünn. Am 8.Februar 1865 stellte er dort seine Erkenntnisse einem wohlmeinenden, aber verständnislosen Publikum vor.
Gregor Mendel hatte grüne und gelbe Erbsen gezüchtet und sich darüber gewundert, dass Merkmale, die in einer Pflanzengeneration ganz verloren gegangen zu sein schienen, in der nächsten Generation wieder auftauchten.
Er wollte herausfinden, warum das so war, und ging mit wissenschaftlicher Akribie zu Werke. Wenn er verschiedene Erbsensorten kreuzte, dann schnitt er die Blütenknospen der ersten Sorte auf, holte mit dem Pinsel die Pollen heraus und bestäubte damit die Blüten der zweiten Sorte. Danach band er ein Tüllsäckchen um jede Blüte, um sicher zu gehen, dass nicht der Wind oder ein Insekt diese Blüte noch mit einem anderen Pollen bestäubte. Jede neue Erbsengeneration prüfte er auf sieben Merkmale, die die Form und Farbe der Samen, die Form der Schoten und die Höhe der Ranken betraf. Diese sieben Merkmale, so stellte er fest, wurden stets unabhängig voneinander vererbt. Den Grund dafür entdeckte die Wissenschaft erst hundert Jahre später:
Jedes der sieben Merkmale befindet sich auf einem anderen Chromosom. Mendel war einfach seinem Instinkt gefolgt und hatte ein ausgesprochen glückliches Händchen, als er ausgerechnet diese sieben Merkmale auswählte. Nachdem er seine Erkenntnisse vorgetragen hatte, schaute er gespannt in die Runde, ob seine Zuhörer vielleicht Fragen an ihn hätten.
Es kam keine einzige. Niemand hatte gemerkt, dass er eine Sternstunde der Wissenschaft miterlebt hatte. Mendel war seiner Zeit zu weit voraus.
Mit welcher Liebe er zu Werke ging, zeigen seine Notizen: „Dem künftigen Sommer sehe ich mit Ungeduld entgegen, da mir zum ersten Male mehrere neue Hybriden ihre Nachkommen in der Blüte vorführen werden. Es ist dafür gesorgt, dass sie recht zahlreich erscheinen können, und ich wünsche nur, dass sie die Sehnsucht, mit welcher ich sie erwarte, durch zahlreiche Mitteilungen aus ihrer Lebensgeschichte lohnen mögen“.
Mit derselben Liebenswürdigkeit begegnete er seinen Mitbrüdern, die ihn deshalb auch 1868 zum Abt des Klosters wählten. Das bedeutete das Ende seiner Forschungsarbeit. Von nun an rieb er sich auf im Kampf gegen die neue Klostersteuer, die er als ungerecht empfand, weil die Augustiner von St. Thomas weder Äcker noch Wald besaßen und gar kein Vermögen hatten.
Endlich, im Jahr 1884, sah das Finanzministerium den Irrtum ein und strich die Steuern. Gregor Mendel hat das nicht mehr erlebt, ebenso wenig wie die späte Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistung. Ihm war bewusst, dass er grundlegende genetische Gesetze entdeckt hatte. Als er am Abend des 8.Februar 1865 von seinem Vortrag ins Kloster zurückkam, erklärte er seinen Mitbrüdern: "Meine Zeit wird noch kommen".