Am 02.08.1935 bestattete die Reichswehr den mutmaßlichen Leichnam des Heidedichter Hermann Löns. Den Soldatentod forderte er in seinen Gedichten heraus. Autorin: Justina Schreiber
"O grüner Klee, o weißer Schnee, o schöner Soldatentod" jubelte Hermann Löns in seinem Gedicht "Auf Feldwache". Was den Liebhaber einfachen Lebens dazu trieb, nach Ausbruch des 1. Weltkrieges seine Aufnahme in ein Regiment förmlich zu erzwingen, lässt sich nur erraten. Patriotismus? Suizidale Tendenzen? Größenwahn? Auf jeden Fall wurde dem berühmten Heidedichter der Weg zum "schönen Soldatentod" nicht gerade leicht gemacht: Hatte der 48-Jährige bis dato doch nie gedient. Außerdem war er in keiner guten körperlichen Verfassung. Denn Löns trank seit den unfrohen Jugendtagen regelmäßig mehr als einen über den Durst, gemäß seinem Lied-Vers "Brüder, lasst die Gläser klingen, / denn der Muskatellerwein / wird vom langen Stehen sauer, / ausgetrunken muss er sein."
Valleri, vallera!
Das 73. Hannoversche Füsilierregiment erbarmte sich des schwärmerischen Kriegsfreiwilligen auch auf Grund seiner guten Beziehungen. Am Abend vor seiner Gestellung schoss der Naturfreund in der geliebten Heide noch einen veritablen Rehbock. Dann rückte er nach zwölftägiger Ausbildung heldenhaft ins Feld. "Valleri, vallera, valleri, vallera". Drei Wochen später war das Greenhorn tot, gefallen vor Reims. "O grüner Klee, o weißer Schnee."
Es vergingen 21 Jahre, bis die Reichswehr seine mutmaßliche Leiche am 2. August 1935 im Tietlinger Wacholderhain offiziell bestatten ließ. Obwohl der unstete Sonderling in einem Gedicht gewissermaßen verfügt hatte: "Auf meinem Grabe soll stehen kein Stein, / kein Hügel soll dort geschüttet sein", war es den Nationalsozialisten ein Anliegen, die Gebeine heim ins Reich zu holen. Zum Glück spielte der Zufall tüchtig mit. Während seine Kameraden nach mehreren Umbettungen in Massengräbern zu liegen gekommen waren, förderte ein französischer Bauer im Januar 1933 ausgerechnet die sterblichen Überreste Hermann Löns’ mit seinem Pflug zutage; mehr oder weniger eindeutig belegt durch eine Erkennungsmarke mit der passenden Nummer, die einige Tage später auf demselben Feld auftauchte. "Allerlei am Weg ich fand, valleri, vallera".
"Du weißt es ja!"
Mehr Beweise brauchte es nicht. Als sich jedoch das politische Gerangel um einen geeigneten Begräbnisplatz "auf der Lüneburger Heide / in dem wunderschönen Land" peinlich lange hinzog, raubten SA-Angehörige den Sarg aus der Fallingbosteler Friedhofskapelle und verbuddelten ihn kurzerhand neben der Straße nach Hamburg. "Die Totenglocke läutet der Sturm, / begraben sollen mich Käfer und Wurm." Nichts da. Ein knappes Jahr später grub die mit der SA rivalisierende Reichswehr den Heimatschriftsteller wieder aus, um ihn unter einem wuchtigen Findling mitten im jetzigen Naturschutzgebiet bei Walsrode zur wirklich allerletzten Ruhe zu betten; ein Ort, der bis heute jährlich Tausende von Heidewanderern anzieht. Blühende Rosen, Wacholderbüsche, Erika. Und tief in der Erde, dem Steinsarg beigelegt, eine Urkunde Adolf Hitlers, der für die Echtheit des Leichnams bürgt. "Valleri, vallera und juchheirassa, denn du weißt, du weißt es ja."