Die erste Formulierung des Rechts des Autors, erlassen am 10. April 1710 – in erster Linie, um Autoren anzuregen, nützliche Bücher zu schreiben. Autorin: Justina Schreiber
Eine beschriebene Tontafel oder ein Buch zu klauen, galt seit der Antike als Diebstahl. Wer einen Text jedoch verfälscht publizierte, tat im Grunde kein Unrecht – obwohl sich die betroffenen Autoren furchtbar darüber aufregten. Da halfen auch keine Flüche, die die vermaledeiten Pfuscher unter den Plagiatoren verwünschten. Denn gegen die Kopie an sich war nichts einzuwenden. Im Gegenteil: stellt sie doch bis heute die beste Möglichkeit dar, gute Gedanken weit zu verbreiten. Aber solange der Glaube vorherrschte, dass eine göttliche Schöpferkraft die Autoren zu ihren Werken inspirierte, wäre es vermessen gewesen, auf einer Art geistigem Eigentum zu bestehen.
Schützenswert – oder nicht?
Die Frage, wer was wie kopieren dürfe, gewann erst mit dem Buchdruck an Brisanz, als sich das kursierende Schrifttum exponentiell vervielfachte. Erstverlegern, die hohe Kosten in die Publikation eines Werkes investiert hatten, ruinierten oftmals schlampige Nachdrucke das Geschäft. Die beiden Kammern des britischen Parlaments führten Jahre lang Debatten darüber, wie dem Chaos mit Lizenzen und Copyrights beizukommen wäre. Am 10. April 1710 trat dann mit dem "Statute of Queen Anne" das erste moderne Urheberschutzgesetz in Kraft. Im Vordergrund stand das Bestreben, die Bildung der Untertanen zu fördern, indem man sie vor billigen Raubdrucken bewahrte. Deshalb unterschied die Justiz des englischen Königreichs nun zwischen schützenswürdigen und nicht schützenswerten Werken, was einer indirekten Zensur gleichkam. Aber ein erster Schritt war getan. Allerdings traten die Autoren nach wie vor in der Regel alle Rechte an die Verleger, sprich: die Käufer ihrer Werke, ab. Was dazu führen konnte, dass sich Drucker und Händler an einem Bestseller eine goldene Nase verdienten, während der Dichter samt vielköpfiger Familie Hunger litt. Mit der Aufklärung jedoch bekam die originäre geistige Leistung eines Schriftstellers endlich mehr Gewicht.
"Zitat"
Der deutsche Philosoph Johann Fichte etwa betonte, dass es freilich begrüßenswert sei, wenn sich recht viele Menschen mit Kauf und Lektüre eines Buches die fremden Gedanken aneigneten. Trotzdem erwürben sie damit keinesfalls das Recht, sich auch deren Form zu bemächtigen. Was so viel heißt wie: Zitate sind als Zitate zu kennzeichnen! Jawoll. 200 Jahre und viele nationale und internationale Gesetzesreformen später erfährt die Position des Autors nun wieder eine Schwächung - auch wenn juristisch mittlerweile eindeutig festgelegt ist, dass die Nutzungs- und Verwertungsrechte beim Urheber liegen. Die nicht nur in Studentenkreisen beliebte Tastenkombination "copy and paste" erleichtert nämlich das Verfassen schriftlicher Arbeiten immens. Das schlechte Gewissen hält sich auch bei modernen Plagiatoren offenbar in Grenzen. Und in Zeiten globalen Networkings gerät die heilige geistige Autorschaft sowieso ins Schwanken. Auf Synergieeffekte kommt es an. Zumal hie und da bereits eher unbemerkt künstliche Intelligenzen agieren, die automatisierte Textbausteine absondern. Und denen dürfte es nun vollkommen egal sein, ob man sie – vielleicht sogar verfälscht – kopiert.