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Aufsätze by Robert Walser:Lebendes Bild

时间:2023-01-04来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Aufsätze by Robert Walser
Ein großstädtischer Hof, vom Mond beleuchtet. Mitten im Hof eine eiserne Kiste. Eine Partie Gesang von innen her in den Zuschauerraum tönend. Ein Löwe an einer Kette angebunden. Ein Schwert neben der Kiste. Eine dunkle, unerkennbare Gestalt etwas weiter davon entfernt. Der Gesang, das heißt, eine junge, schöne Frau, beugt sich oben zu einem lampenerhellten Fenster hinaus, immer weiter singend. Es scheint entweder eine gefangen gehaltene Prinzessin königlichen Ursprungs oder eine Opernsängerin zu sein. Zuerst ist der Gesang wie eine schlichte, ziemlich schülerhafte Gesangsübung gewesen, aber nach und nach erweitert und verbreitert er sich zu was Großem, zu was Menschlichem, er ist hinreißend, er klagt, dann wieder scheint er sich im eigenen Schmerz zu gefallen. Dieser Gesang reißt das Fenster auseinander und gibt der Luft eine schöngebaute Treppe zum Hinuntersteigen. Die Frau kommt hinunter, aber immer noch singend. Aus der eisernen oder stählernen Kiste taucht jetzt ein Mannskopf hervor, furchtbar blaß und von schwarzen, wilden Haaren umrahmt. Die Augen des Mannes reden die stumme Sprache der Verzweiflung, der breite, man darf wohl sagen: volkstümliche Mund lächelt, aber was ist das für ein schreckliches Lächeln? Der Zorn und der Gram scheinen es in jahrelanger Übung still zusammengebaut zu haben. Die Wangen sind eingefallen, aber das ganze Gesicht drückt unaussprechliche Güte aus, nicht solche, der es leicht geht, sondern solche, die das Schwerste erfahren hat. Die Sängerin setzt sich unter einer unnachahmlichen Bewegung auf den Rand der Kiste, die Hand legt sie wie liebkosend auf den Kopf des Eingeschlossenen. Der Löwe rasselt mit der Kette. Ist hier alles, alles gefangen? Laß sehen. Wirklich, auch das Schwert am Boden rührt sich in keiner Weise, aber es lebt, denn es gibt jetzt einen kurzen Ton von sich, es seufzt. Was ist das für ein Zeitalter, das Künstlerinnen zu Löwen wirft, neben eine klirrende Kette, vor ein seufzendes Schwert, an die Seite von Leuten, die die sonderbare Laune haben, in eisernen Kasten zu wohnen? Plötzlich stürzt der Mond von seiner unermeßlichen Höhe in den Hof hinab, der Frau vor die Füße. Diese setzt den Fuß auf die blasse, schimmernde Kugel und bewegt sich solchermaßen rund um die Kiste herum. Da zerteilt und zerlegt sich der Mond in ein weites Gewand, oder in eine Art Teppich, oder in eine Schicht weißlichen Nebel, die Häuser, die den Hof bilden, verschwinden, blendend weiße Alpengipfel steigen aus dem Abgrund der Bühne langsam in die Höhe, der Nebel legt sich den Alpen zu Füßen, ein rötlicher Stern schießt aus der bläulich-schwärzlichen Luft herab in die Haartracht der Sängerin. Dieser Schmuck ist blendend, aber in diesem Moment entsteigt der Kiste eine hohe, dunkelgrüne Tanne, und der Mann steht, mit einer prachtvollen Rüstung bedeckt, unter den Ästen dieser Tanne, aber noch mehr: da, wo ein Löwe an der Kette gerissen hat, steht jetzt ein zierlicher Tempel von altgriechischer Bauart. Das Schwert hat, wie es scheint, Bewegung gefunden, denn es befindet sich wunderbarerweise jetzt in den Händen des Mannes, und dieser Mann! Worte wagen sich nicht an die Beschreibung seiner kräftestrotzenden Erscheinung heran. Er singt, oder irgend etwas um ihn herum scheint zu erbeben unter Klängen. Hinter den Bergen läuten die Glocken. Ein ferner, blauer See spiegelt sich in der Luft über den Häuptern der Darsteller formvollendet, aber verkleinert ab. Dem Bühnenboden entsprießen Gräser, Kräuter und Blumen, wir befinden uns, glauben wir, auf der üppigen Matte eines breiten Vorberges. Da kommt auch noch eine Kuh mit bim bam und bum bum und weidet friedlich. Ein Summen umhüllt alles. Aber wo ist die Sonne. Ei, unter dem Sonnigen vergißt man eben die Gegenwart der Sonne. Aber plötzlich legt sich eine schwarze, ungeheuerlich große Hand breitfingrig über das alles und erdrückt es. Hinab! donnert eine höllische Stimme, und wieder taucht der schwärzliche Hof auf, der Löwe brüllt, die Zeit steht etwas abseits von dem Gebrüll an einen Pfahl angelehnt, unerkennbar und totenstill, der Kopf des Mannes ragt zur Kiste heraus, er murmelt jetzt etwas, und der künstlerische Schmerz singt wieder zum Fenster hinaus. Dazwischen hört man das ferne, ferne Gezwitscher eines Vogels, wobei man an den See denken muß, der in der losen Luft gehangen ist. Das Schwert schlägt dumpf zu Boden. Und nun sinkt der Gesang der Frau zu der anfänglichen Gesangschule herab, der Mann duckt sich eilig und verschwindet vollständig in seiner eisernen oder gußeisernen Umgebung. Die dunkle Gestalt raucht eine Zigarette, als wollte sie sagen: das ist mein Kennzeichen. Sie gibt dadurch tatsächlich dem Bild eine andre Wendung, denn nach einer momentanen Dunkelheit blicken die Zuschauer in ein modern ausgestattetes Kaffeehaus, worin einzelne Leute gierig Zeitungen lesen. Sie tippen mit den Fingern auf Gedrucktes, lächeln fein und farblos dazu und rufen dann: Bitte zahlen, Ober! Der Löwe spaziert manierlich herein, hinter ihm die vermeintliche Prinzessin, auch der Mann kommt, eine »interessante Erscheinung«, dann das hübsch frisierte Schwert, dann der blauäugige See in ganz neuem Anzug, und bestellen alle hintereinander eine Tasse Kaffee und schwatzen miteinander. 
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