Am Montag hat die EU erstmals seit zwei Jahren die Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei wieder ausgeweitet.
Gemäß den Anforderungen der EU muss ein Staat vor einem offiziellen Beitritt Verhandlungen in 35 Aspekten führen, und zwar jeweils in Politik, Wirtschaft und Sozialwesen. Die jetzige Verhandlungsrunde orientiert sich hauptsächlich an Wirtschafts- und Geldpolitik. Diese Gesprächsrunde soll eine „eisbrechende" Bedeutung für die gespannten türkisch-europäischen Beziehungen haben, heißt es. Der EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, Johannes Hahn, teilte am gleichen Tag vor der Presse mit:
„Die Beitrittsbemühungen der Türkei werden weiter vorangetrieben. Auf dem EU-Türkei-Gipfel vor einigen Wochen wurde betont, dass für den Neustart der Verhandlungen neue Impulse gegeben werden müssen. Heute konzentriert sich die Gesprächsrunde auf die Wirtschafts- und Geldpolitik, was für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Türkei von äußerst großer Bedeutung ist. Die türkische Wirtschaft und die Steuerzahler werden von den identischen Standards und Normen der EU profitieren".
Für die EU gilt die Türkei als ein Kernfaktor zur Eindämmung der Flüchtlingsanstürme und zur Verhinderung einer weiteren Eskalation der Flüchtlingskrise. Statistiken zufolge sind 2015 insgesamt 1,5 Millionen Flüchtlinge auf illegale Weise in die EU eingereist, die meisten davon über die Türkei. Deshalb hatte die EU am 29. November einen Türkei-EU-Sondergipfel einberufen. Dabei hatte die EU mit der Türkei eine Einigung über ein gemeinsames Aktionsprogramm von 3 Milliarden Euro erzielt und darüber hinaus angekündigt, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wieder in Gang zu setzen. Dies zielt darauf ab, die Initiative der Türkei bei der Bewältigung der Flüchtlingsanstürme zu erwerben. Am zweiten Tag nach der Unterzeichnung der Vereinbarung hatte die Türkei mehr als 1000 Flüchtlinge inhaftiert, die nach Griechenland reisen wollten, was die Entschlossenheit von Ankara zum EU-Beitritt gezeigt hat.
Schon 2005 hatte die Türkei mit der EU die genannten Beitrittsverhandlungen gestartet. Allerdings verliefen die Verhandlungen schwer, und die Bemühungen Ankaras waren gescheitert. 2013 stagnierten die Gespräche, und die türkisch-europäischen Beziehungen befanden sich seitdem auch auf einem Tiefstand. Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu betonte vor der Presse, die Verhandlungen sollten nicht wieder ins Stocken geraten. Die EU solle so bald wie möglich auch die Gespräche in anderen Aspekten in Gang setzen.