Kurz vor dem Mittagessen zieht sich Xu Yunxiang einen dünnen Mantel an. Sie kämmt sich die grauen Haare, nimmt eine kleine Tasche mit Geld und Schlüsseln und verlässt gut gelaunt ihre Wohnung. Etwa fünf Minuten später erreicht die 80-Jährige die kleine Kantine des Haibianjie-Wohngebiets in Taiyuan, der Hauptstadt der Provinz Shanxi.
„Ich bin normalerweise alleine zu Hause. Ich möchte weder zu wenig noch zu viel kochen. Ich bin alt und habe keine Energie mehr, mir jeden Tag selbst Essen zu machen", erklärt die 80-Jährige. Früher haben sich ihre vier Kinder abwechselnd um die Rentnerin gekümmert und für sie gekocht. Doch nicht immer hatten sie dafür genügend Zeit. Seit das Wohngebiet eine Kantine für Senioren eingerichtet hat, geht Xu Yunxiang dort jeden Tag frühstücken und mittagessen.
Die Leiterin des Haibianjie-Wohngebiets, Hu Guiyun, erklärt, die Senioren-Kantine sei vor zwei Jahren gegründet und von der Stadtregierung Taiyuans finanziert worden. Für Senioren, die nicht arbeitsfähig seien, kein Einkommen und auch keine Person hätten, die sie finanziell unterstützen könnten, sei das Essen kostenlos. Aber auch sonst koste eine Mahlzeit nur zwei bis sechs Yuan RMB (etwa 30 bis 90 Cent).
Da sie sehr bequem und günstig ist, wird die Kantine von den Senioren gut angenommen. Noch dazu schmecke das Essen sehr gut, wie die Besucher erzählen: „Die Speisen sind sehr weich und schmecken ausgezeichnet. Die Köche bereiten jeden Tag etwas anderes zu."
Neben den leckeren Speisen ist die lebhafte Stimmung in der Kantine ein weiterer Grund dafür, dass die Senioren gerne dort essen. Seit der Einrichtung der Kantine treffen sich dort viele Rentner, um sich zu unterhalten. „Die Kantine löst nicht nur das Essensproblem von Senioren, sondern deckt auch ihren psychischen Bedarf an Kommunikation und Sozialisierung", erklärt Hu.
In Taiyuan gibt es inzwischen mehr als 100 solcher Senioren-Kantinen. Auch in anderen chinesischen Städten wie Beijing, Xi'an und Fuzhou entwickeln sie sich sehr schnell.