Der chinesische Schriftsteller Yan Lianke, der mehr als 20 Romane und Kurzgeschichten geschrieben hat, ist am 27. Mai dieses Jahres mit den tschechischen Franz-Kafka-Preis ausgezeichnet worden – als erster Chinese überhaupt.
Die Auszeichnung für Yan kommt in Form einer Bronzeskulptur von Franz Kafka und darüber hinaus als Preisgeld in Höhe von 10000 US-Dollar, die von der in Prag ansässigen Franz-Kafka-Gesellschaft ausgelobt waren.
„Ich kenne diesen Preis, er ist in der ganzen Welt bekannt. Viele Schriftsteller, die ich kenne und schätze, haben diesen Preis gewonnen", sagte Yan der Zeitung Orientalpost.
Der 56 Jahre alte, in Beijing lebende Schriftsteller wurde in einer Schule der Volksbefreiungsarmee ausgebildet und seine frühen Schriften handelten daher hauptsächlich vom Alltagsleben in der Armee. Später veränderte er sich thematisch, hin zu ländlicheren Themen. Seine Werke sind in mehr als 20 Sprachen übersetzt worden und werden weltweit gelesen. Zuvor war Yan bereits Finalist für den Man Booker International Prize 2013. In China ist er bekannt als Meister des „absurden Realismus" und mehrfach ausgezeichnet, so zum Beispiel mit dem Lu Xun-Literaturpreis und dem Lao She-Preis.
In seinen Werken versucht der Schriftsteller, auf die oberflächlichen, logischen Beziehungen im realen Leben zu verzichten und die schwerer erkennbaren Wahrheiten zu entdecken - die Wahrheiten hinter den Realitäten, die vom Menschenauge oft übersehen werden. Diesen Stil bezeichnet er selbst als „auf dem Geist basierender Realismus". Er fokussiert sich damit auf wechselseitige innerliche Beziehungen zwischen der realen Welt, den Seelen und den Dingen.
Die britische Zeitung „The Guardian" beschrieb Yan als einen der interessantesten Schriftsteller Chinas und den Meister der phantasiereichen Satire.
Der chinesische Literaturkritiker Liang Hong meint, Yan Lianke habe mit seinem phantasiereichen literarischen Schaffen die Kompliziertheit und Absurdität des Gesellschaftslebens in China auf unnachahmliche Weise festgehalten.
Yan selbst sagte einst in einem Interview, am Anfang seines Schreibens stehe stets ein Gedanke. Dabei habe er keinen Entwurf, sondern meistens nur einen Routenplan mit losen Erzählsträngen und Figuren.
Laut Literaturkritiker Chen Sihe ist Yan Lianke deswegen so einzigartig, weil er der tapferste Schriftsteller der chinesischen Gegenwartsliteratur sei. Nie habe er sich selbst beim Schreiben kopiert, jedes Werk sei für ihn ein neuer kühner Versuch gewesen, in eine bisher unerreichte Gedankentiefe vorzudringen. Genau das habe Leser in Ost und West sehr beeindruckt.