Der große Affini
Mitten im tiefen Dschungel, weit entfernt von jeglicher menschlicher Behausung, lebte eine Affenfamilie. Egal ob am Tag oder in der Nacht, hier war eigentlich immer was los. Mal stritt man sich um eine Banane, mal brüllte jemand laut nach Mitternacht und ärgerte damit die Nachbarn. Aber die meiste Zeit lebte man friedlich mit- und nebeneinander. Man lauste sich gegenseitig das Fell und teilte, was es zum Teilen vorhanden war.
Man könnte meinen, dass es in dieser Familie oft langweilig wurde. Jeden Tag machte man die gleichen Dinge. Doch das stimmte nicht. Die Affen dachten sich immer etwas Neues aus.
Für den heutigen Abend hatte sich der großeAffini angekündigt. Pünktlich zum Sonnenuntergang wollte er mit einer Zaubershow die anderen Affen begeistern.
Auf einer Lichtung zwischen den hohen Bäumen wurden Fackeln aufgestellt. Die Affenfamilie nahm Platz auf umgestürzten Baumstämmen. Die Spannung stieg mit jeder Minute. Wo blieb nur der Zauberer?
Es gab einen lauten Knall, der die Vögel der Umgebung in die Flucht jagte. Rauch stieg auf, der schnell verflog und den Blick auf den großen Affini frei gab. Mit ausgebreiteten Hände und einem Zauberhut auf dem Kopf, stand er in der Mitte der Lichtung und genoss den Applaus des Publikums.
»Herzlich Willkommen, verehrte Affen. Für mein erstes Kunststück brauche ich einen Gegenstand aus dem Publikum.«
Der große Affini ging auf den Stammesältesten zu, nahm ihm die Banane aus der Hand und ging zurück auf die Bühne.
»Hey! Das ist meine Banane. Die wollte ich gerade essen.«
Die anderen Affen begannen zu lachen.
Affini nahm seinen Hut ab, zeigte ihn leer vor und legte die Banane vorsichtig hinein. Dann deckte er beides mit einem Tuch ab. Er machte ein paar magische Bewegungen mit den Händen, murmelte eine Beschwörungsformel und zog das Tuch fort.
Affini erschrak. Scheinbar hatte der Zauber nicht so funktioniert, wie er sich das vorgestellt hatte. Er grinste verschämt und wurde rot im Gesicht.
»Na los! Jetzt hol schon meine Banane wieder da raus. Ich habe Hunger.«
Wieder lachten die Affen laut und hielten sich dabei ihre Bäuche.
Affini seuzte. Er riss ein breites Blatt von einem Busch ab und griff damit in den Hut. Langsam holte er statt der Banane einen braunen, stinkenden Haufen hervor und legte ihn vor sich auf dem Boden ab.
»Ih!« Die Affen waren entsetzt. Mit so einer ekligen Zauberei hatten sie nun wirklich nicht gerechnet. Aber noch schlimmer hatte es den Stammesältesten erwischt. »Wie konntest du das nur tun? Ist dir klar, was du angestellt hast? Das war meine letzte Banane.«
Und dann erschrak er ein zweites Mal. Als hätte ihn eine Biene in den Po gestochen, sprang er auf und fuhr herum. Auf seinem Platz lag die Banane. Sie war völlig unversehrt.
»Das glaube ich nicht.« Der Affe tippte vorsichtig gegen die Frucht, nahm sie in die Hand und zog die Schale auf. Dann biss er hinein. »Lecker. Schmeckt, wie eine Banane schmecken soll.«
Lauter Jubel brauch aus, während sich der große Affini tief vor seinem Publikum verbeugte. Seine Zauberei war ein Meisterstück geworden.