Erik saß am Strand und buddelte mit seiner Schüppe ein tiefes Loch in den Sand, das sich nach und nach mit Wasser fühlte.
»Was soll das denn einmal werden, wenn du fertig bist?«, fragte Mama, die schon eine ganze Weile interessiert zusah.
»Das soll ein großer Wassergraben werden, in dessen Mitte eine stolze Ritterburg stehen wird. Aber es dauert viel länger, als ich gedacht habe. Ich werde wohl den ganzen Tag daran arbeiten. Vorher können wir hier nicht weg.« Er grinste und buddelte weiter. »Außerdem sind die vielen Steine nervig. Die sind so groß und schwer, dass ich sie kaum aus dem Loch heben kann.«
Genau in diesem Moment traf Eriks Hand auf einen besonders großen Brocken. Nur mit sehr viel Mühe holte er ihn hoch und ließ ihn auf den Haufen fallen, der wie ein kleines Gebirge aussah. Es knackte. Der Stein zerbrach in zwei Hälften und gab preis, was er über viele Millionen Jahre in seinem Inneren gehütet hatte.
»Das ist ja irre.«, flüsterte Erik ehrfurchtsvoll. »Mama, das musst du dir unbedingt anschauen.« Er drehte eine der Steinhälften herum. Darauf war das vollständige Skelett eines kleinen Dinosauriers zu sehen, dass in vollem Lauf war. Es schien vor einer großen Gefahr zu flüchten, denn hinter ihm befand sich eine riesige Klaue mit langen Krallen.
»Den habe ich schon mal gesehen. Das ist ein Oculudentavis, ein Augenzahnvogel. Das war der kleinste Dinosaurier, der jemals gelebt hat. Und gejagt wurde er von einem Velociraptor. Was für ein irrer Fund. Er hat die Jagd wohl nicht überlebt. Wäre ich da gewesen, hätte ich ihm geholfen.«
Mama und Erik strichen gemeinsam über die versteinerten Knochen. Da blitzte es um sich herum auf. Brennendes Licht, das sie fast erblinden ließ. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie wieder etwas sehen konnten.
Nicht nur der Strand war verschwunden, auch das Meer war nicht mehr zu sehen. Dafür hockten die beiden in einem Wald unter den Blättern eines Riesenfarns.
»Verdammt!« Mama sprang hektisch auf. »Was ist passiert? Wo sind wir?«
Es blieb keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, denn in diesem Moment lief eine Gruppe Oculudentavisse schreiend an ihnen vorbei.
»Wir sind in der Vergangenheit.« Erik war sofort begeistert und sah den kleinen Dinos nach. »Der Stein muss uns hierher gebracht haben. Verstehst du, was das bedeutet? Wir können den Dino retten.«
Die Gruppe lief weiter und verschwand unter einem Busch. Sie konnten ihr Flügel nicht nutzen, weil die Pflanzen zu dicht aneinander standen. Einen Moment später brach der Velociraptor aus dem dichten Grün heraus. Verwirrt blieb er vor den beiden Menschen stehen, schien zu überlegen, welche Beute er sich nun schnappen sollte.
Erik riss die Arme hoch, stampfte mit den Füßen auf dem Boden und schrie, so laut der konnte. Dabei sah er den Jagdsaurier grimmig an.
Der Raptor blickte ihn verwirrt an, dachte kurz nach. Dann kippte er zur Seite um und begann laut zu lachen. »Jetzt ehrlich? Mit dem Gequietsche willst du mir Angst machen? Ich bin einer der gefürchtetsten Jäger, die es gibt und meine freunde warten dort drüben im Gebüsch, um mir zu helfen. So etwas Verrücktes habe ich bei der Jagd noch nie erlebt.«
Der Saurier stand wieder auf, wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht und wedelte mit einem seiner kurzen Arme. »Na, los. Verschwindet. Euer Witz hat mir den Tag versüßt. Ich lasse euch nochmal laufen.« Der Saurier machte kehrt und verschwand im Gebüsch.
»Da haben wir ja nochmal Glück gehabt.« Mama atmete erleichtert aus. »Mach das bitte nie wieder. Der hätte uns auch fressen können.«
Sie nahm Erik an die Hand. Es blitzte auf. Einen Augenblick standen sie wieder am Strand. Hatte diese Zeitreise etwa gar nicht stattgefunden? Hatten sie sich alles nur eingebildet?
»Mama, schau!« Erik zeigte auf den Stein. Die Fossilien waren verschwunden. Sie hatten den Dino gerettet.