Es war ein grauer und verregneter Tag. Dicke Tropfen fielen vom Himmel und füllten stetig große Pfützen am Boden. Es war ein Wetter wie es seit vielen Jahren täglich zu beobachten war. Dicke Regenwolken kamen vom fernen Meer, blieben an den steilen Bergen hängen und ließen dann hier ihre nasse Fracht fallen. Es hatte mittlerweile den Anschein, als würde sich das auch nicht mehr ändern wollen.
Früher, so erzählten die alten Leute, da habe es auch mal Sonnenschein gegeben. Aber das war schon so lange her, dass sich kaum jemand daran erinnern konnte.
Irgendwas musste auf dem Weg vom Meer hierher geschehen, dass der Regen nicht mehr aufhören wollte.
Diesen Gedanken hatte auch ein Vogel, der in einer Baumhöhle sein Gefieder trocknete und von besseren Zeiten träumte. Auch er hatte schon Geschichten von der Sonne gehört, diese aber noch nie zu Gesicht bekommen.
»Ich habe es satt.«, sagte er sich selbst. »Ich muss nachschauen, warum alle Wolken zu uns kommen.«
Er machte sich auf den Weg zum Meer. Dabei flog er durch leichten Fieselregen, durch dicke Tropfen, umging schwere Gewitter, bis er das Meer erreichte.
Zu seiner großen Überraschung klarte dort das Wetter auf. Es war keine einzige Wolke über dem Strand zu sehen. Die Sonne schien kräftig und schickte Unmengen ihrer wärmenden Strahlen großzügig zu den Menschen herab.
Irgendwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu. Der Vogel sah sich also um und entdeckte einen Mann, der auf einem hohen Turm stand.
Der Mann hielt Wegweiser in seinen Händen, dirigierte die ankommenden Wolken in verschiedene Richtungen am Strand vorbei. Die Wolken hingegen gehorchten ihm widerspruchslos und änderten tatsächlich ihre Flugbahn.
Das war also der Grund, warum es in den Bergen ständig regnete. Die Menschen, die am Strand ihre Freizeit verbrachten, die ganz viel Spaß hatten, sollten vom Regen nicht genervt werden. Deswegen mussten die Menschen an den Berghängen leiden.
Der Vogel stellte sich den Wolken in den Weg, wollte sie bitten, die Bewohner des Gebirges zu verschonen. Aber sie hörten nicht auf ihn, sondern zogen einfach an ihm vorbei.
Verzweifelt sah der Vogel zur Sonne hinauf. »Wie sollte er sie in seine Heimat bringen können?
Da zwinkerte ihm die Sonne kurz zu und wisperte ihm etwas ins Ohr.
Der Vogel konnte es zunächst nicht glauben, nickte dann aber und begann, einzelne Sonnenstrahlen mit seinem Gefieder einzusammeln. Nach einer Weile leuchtete er selbst so hell und warm wie die Sonne.
Er machte sich auf den Weg zurück in die Berge.
In der Heimat wurde der Vogel schon von weitem entdeckt, so unglaublich schön strahlte sein Licht, das er in jedes Tal warf.
Die Menschen unter ihm warfen ihre Regenschirme fort, tanzten in den von Pfützen übersäten Straßen und freuten sich, endlich wieder das Licht der Sonne erblicken zu dürfen.
Und genau in diesem Moment geschah das Unglaubliche.
Die Wolken wichen verängstigt vor dem Sonnenstrahlenvogel zurück. Sie schmolzen in seiner Wärme und verschwanden schließlich ganz. Der Himmel kam wieder zum Vorschein und mit ihm die echte Sonne.
»Danke, dass du mir den Weg hierher gezeigt hast.«, flüsterte die Sonne ihrem Helfer zu und sorgte von nun an dafür, dass das Wetter nicht mehr von den Menschen am Strand manipuliert und verändert werden konnte.