Es war einmal ein alter, griesgrämiger König, der den ganzen Tag in seinem Palast saß und sich über die Menschen um sich herum ärgerte.
Der König ärgerte sich so sehr über jede Kleinigkeit, dass er niemals lächelte und niemandem jemals ein freundliches Wort gesagt hatte.
Eines Tages drangen Gelächter und Gesang durch die Fenster des Thronsaals herein.
»Was soll das?«, brüllte der König seine Diener und Berater an. »Was soll dieser unverschämte Lärm? Wissen diese Menschen nicht, dass ich ein Königreich zu regieren habe? Ich brauche Ruhe, damit ich mich konzentrieren kann.«
Er stürmte zum Fenster und beugte sich weit vor.
»Ruhe da draußen. Haltet eure Klappen, ihr unverschämtes Pack. Ich werde euch schon zeigen, was es bedeutet, euren König zu erzürnen.«
Das Lachen und Singen wollte aber nicht weniger werden. Da drehte sich der König zu den Soldaten um, die ihn pausenlos bewachten.
»Was steht ihr da so blöd rum? Sorgt gefälligst für Ruhe. Wer auch immer das Volk gegen mich aufbringt, muss festgenommen werden.«
Die Soldaten nickten und stürmten aus dem Palast. Auf der Straße sahen sie sich nur kurz um und entdeckten sofort, was hier los war.
Die Menschen hatten sich um einen Mann versammelt, der munter lustige Lieder auf einer Flöte spielte. Viele sangen oder summten freudig mit. Für einen kurzen Augenblick waren sogar die Soldaten versucht, sich dem restlichen Volk anzuschließen. Doch dann erinnerten sie sich wieder an ihre Aufgabe.
»Aus dem Weg! Wir sind im Auftrag des Königs unterwegs.«
Die Soldaten bahnten sich einen Weg durch die Menge und schnappten sich den Flötenspieler. Sie zogen ihn mit sich in den Palast und sperrten ihn in einem tiefen, dunkeln Kerker ein.
Auf dem Platz vor dem Palast kehrte wieder Ruhe ein. Der König konnte sich wieder seinen Aufgaben widmen. Doch dieser Moment währte nur kurz, denn schon bald wurde wieder auf der Flöte gespielt. Dieses mal drangen aber die wunderschönen Melodien durch alle Mauern des Palastes.
»Was soll das?«, war der König erneut erzürnt. »Was soll dieser Lärm? Ich brauche Ruhe. Verdammt nochmal!«
Er stürmte aus dem Thronsaal, rannte die Stufen in den Keller hinab und ließ sich den Kerker öffnen.
»Wenn du auch nur noch einen einzigen Ton spielst, dann nehme ich dir deine verflixte Flöte ab und lasse dich Tag für Tag auspeitschen, bis du gelernt hast, was Ruhe bedeutet.«
Jeder andere Mensch hätte sich nun vor Angst in einer dunklen Ecke verkrochen und nie wieder auch nur einen leisen Seufzer von sich gegen. Doch der Flötenspieler war aus anderem Holz geschnitzt.
Er stand auf, ohne sein Spiel zu unterbrechen. Dann tänzelte er um den König herum.
Der König wiederum lief knallrot im Gesicht an. Schon wollte er nach Soldaten rufen, als er plötzlich vergaß, was er gerade machen wollte. Die Farbe in seinem Gesicht verschwand wieder, seine düstere Miene glättete sich.
Er seufzte und lächelte zum ersten Mal in seinem Leben.
»Was für eine schöne Melodie du spielst. Sie ist so unglaublich schön. Ich habe noch nie etwas so Schönes gehört.«
Und dann wurde er wieder rot im Gesicht. Dieses Mal jedoch vor Scham.
»Es tut mir Leid, dass ich dich hab einsperren lassen. Du gehörst nicht hierher. Du musst nach draußen. Du musst spielen und mein Volk und mich mit deinen Liedern erfreuen.«
Dann ließ er der Flötenspieler wieder frei, ging mit ihm nach Hause und tanzte dabei vor lauter Glück.
Von da an lauschte er täglich dem Flötenspiel durch das Fenster seines Palastes war fortan ein viel freundlicherer König.