»Es geht einfach nicht mehr. Wir kommen nicht mehr mit ihm zurecht.« sagte der Mann zur Tierheimchefin und drückte ihr schweren Herzens eine Leine in die Hand. Am anderen Ende der Leine saß ein großer Hund. Sein Maul steckte in einem Beißkorb. Seine Augen glühten wild.
»Wir haben Angst. Angst, dass er jemanden beißt, dass er vielleicht sogar uns beißt. Wir haben kleine Kinder, verstehen sie? Wir können ihn nicht mehr bei uns behalten.«
Er drehte sich um und verließ seufzend das Gelände. Die Tierheimchefin seufzte ebenfalls. Die Menschen machten es sich viel zu einfach. Zuerst war es ihnen zu viel Arbeit, die Tiere in einer Hundeschule ordentlich zu erziehen und dann schoben sie sie ins Tierheim ab, wenn sie mit ihnen nicht mehr fertig wurden. Es war immer die gleiche Geschichte.
»Dann suchen wir mal ein Plätzchen für dich.« Sie brachte ihn in das Hundehaus, öffnete einen Zwinger und und leitete den Hund hinein.
»Den Maulkorb brauchst du da drin aber nicht mehr. Mit so einem Ding würde ich mich auch nicht wohl wühlen.«
Sie nahm den Korb vorsichtig ab. Darauf schien der Hund aber nur gewartet zu haben. Ohne Vorwarnung flitzte er los, an ihr vorbei und nach draußen. Auf der Wiese bellte er so laut er konnte und jagte hinter den anderen Tieren her. Sabber tropfte aus seinen Mundwinkeln. Die Augen leuchteten böse.
»Der Beißer ist ausgebrochen. Fangt ihn ein und passt auf die anderen Tiere auf.« rief die Tierheimchefin verzweifelt ihren Mitarbeitern zu.
Aber da war es auch schon geschehen. Der Beißer stürmte in das Katzenhaus. Die Menschen hielten den Atem an. Was würde nun passieren?
»Sagt dem Tierarzt Bescheid. Es wird vielleicht verletzte geben.«
Die Chefin öffnete vorsichtig die Tür einen Spalt breit und warf einen Blick hinein. Es war aber weder etwas zu hören, noch zu sehen.
»Ich gehe jetzt hinein und versuche ihn nach draußen zu scheuchen. Wenn er kommt, fangt ihr ihn irgendwie ein.« Sie bewaffnete sich mit einem Besen und machte sich auf alles gefasst.
Es dauerte zwei Minuten. Zwei Minuten der Stille. Es war kein Geschrei der Katzen, kein Gebell des Beißers zu hören. Dann öffnete sich die Tür wieder. Die Chefin kam allein nach draußen. Ihr Gesicht zeigte völlige Verwirrung.
»Ihr werdet mir das nie glauben, wenn ich es euch erzähle. Das müsst ihr euch selbst ansehen.«
Die Menschen betraten leise das Katzenhaus. Dort wären ihnen fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Der Beißer lag auf dem Boden, alle vier Beine von sich gestreckt und seufzte immer wieder wohlig vor sich hin. Auf seinem Rücken lagen drei Katzenkinder und kuschelten sich in sein weiches Fell.
»Dem hat einfach die Liebe gefehlt.«
Von diesem Tag an, gab es keinen Beißer mehr. Der Kuschelkönig, wie sie ihn von nun an nannten, war der liebste Hund im Tierheim und der Beschützer des Katzenrudels.