Hallo liebes Tagebuch, ich bin es wieder, der Tommi.
Gestern war ein ganz toller Tag. Im Moment findet nämlich eine große Fußballmeisterschaft statt. Unsere Nationalmannschaft nimmt daran teil und tritt gegen andere Länder an. In diesem Jahr darf ich das erste Mal mit Papa zusammen alle Spiele im Fernsehen anschauen.
Gestern ging es los. Das erste Spiel stand an. Die zwei Mannschaften kamen auf den Rasen. Damit sich die Spieler in den großen Stadien nicht verlaufen, werden sie jedes Mal von Kindern an die Hand genommen und an ihre Plätze geführt. Das wäre ja auch schlimm, wenn der Anpfiff verschoben werden müsste, nur weil einer den Weg nicht gefunden hat.
So ein Stadion ist unglaublich riesig. Da passen bestimmt eine Million Menschen rein. Und alle zusammen singen noch Lieder, bevor es dann richtig los geht. Das ist wie beim Lagerfeuer, nur sehr viel größer.
Nach dem Singen ging das erste Spiel los. Hin und her wurde der Ball geschossen. Beide Mannschaften waren gut, aber unsere war besser. Sie gewannen das Spiel mit drei zu zwei Toren. Papa und ich jubelten mindestens so laut wie die Leute im Fernsehen. Dazu habe ich auch immer wieder mit meinem Fähnchen gewedelt. Wir hatten unheimlich viel Spaß.
Und dann kam meine Schwester Nina ins Wohnzimmer.
Sie rümpfte die Nase, drehte sich um und verschwand gleich wieder nach oben in ihr Zimmer.
»Wie kann man nur Fußball schauen. Das ist doch so langweilig.«, war alles, was ich noch hören konnte.
»Selber langweilig!«, rief ich ihr hinterher.
Papa und mir war ihre Meinung völlig egal. Wir freuten uns schon auf das nächste Spiel, das in ein paar Minuten beginnen sollte.
Das Ergebnis des zweiten Spiels bekam ich gar nicht mehr mit. Ich war irgendwann in der Halbzeitpause eingeschlafen.
Als ich wieder wach wurde, war es Nacht und ich lag in meinem Bett. Papa hatte mich wohl vorsichtig nach oben in mein Zimmer getragen. Ich habe halt des besten Papa der Welt.
Ich wollte mich gerade wieder umdrehen und weiter schlafen, da wurde ich von einem summenden Geräusch gestört. Ich schaltete das Licht an, sah mich um und entdeckte eine Fliege, die im Kreis um die Deckenlampe flog.
»Dich krieg ich.«, schwor ich dem Quälgeist.
Ich ging zum Schreibtisch, schnappte mir meine Fliegenklatsche und wedelte wild in der Luft herum. Aber ganz so einfach war das Tierchen nicht zu erwischen.
Und dann erschrak ich, denn es geschah etwas, womit ich niemals gerechnet hatte. Die Fliege sprach mit mir.
»Hey, du kannst mich doch nicht einfach erschlagen. Ich bin doch nur eine kleine wehrlose Fliege und du ein großer und gemeiner Junge. Lass mich bitte in Ruhe.
Ich war erstarrt und wusste nicht, was ich jetzt machen sollte. Ich war mir ziemlich sicher, dass Fliegen nicht sprechen können. Sie sind ja schließlich keine Menschen.
Wieder holte ich mit meiner Waffe aus. Abermals hörte ich diese Stimme.
»Leg bloß das Ding aus der Hand. Du könntest damit jemanden ernsthaft verletzen. Und ich muss dich ja nicht extra darauf hinweisen, dass ich das wohl sein werde.«
Ich wollte nichts mehr davon hören.
»Du bist eine Fliege.«, antwortete ich. »Du kannst nicht sprechen, sie das doch ein und halt den Mund.«
Ein weiteres Mal schlug ich zu, hatte aber wieder kein Glück.
»Wenn du mich erschlägst, wird es dir bestimmt Leid tun. Denn dann wird dir etwas Schreckliches passieren.«
Ich hielt mitten im nächsten Schlag inne. Ich wollte der Fliege nicht glauben, aber Angst machte mir das dann doch. Ich ließ die Fliegenklatsche fallen und rannte aus meinem Zimmer.
Papa war noch wach, denn ich konnte den Fernseher hören. Also lief ich zu ihm und erzählte ihm alles, was ich gerade erlebt hatte.
Papa zog die Stirn in Falten.
»Also eigentlich gibt es ja keine sprechenden Fliegen. Aber wenn du davon überzeugt bist, will ich lieber noch einmal nachschauen. Es kann ja auch sein, dass ich mich täusche.«
Wir gingen gemeinsam zurück nach oben und betraten langsam mein Zimmer.
Die Fliege flog noch immer im Kreis. Doch egal, was wir taten, sie blieb diesmal stumm.
Papa griff plötzlich schnell mit der Hand in die Luft. Er hatte sie gefangen.
»Siehst du, so einfach ist das. Dafür braucht man keine Fliegenklatsche.«
Er ging zum Fenster und lies die Fliege frei.
Doch in diesem Moment musste er schmunzeln.
»Ich glaube, ich weiß jetzt, wie die Fliege sprechen konnte.«
Er zog an einem Kabel. Auf der einen Seite kam ein kleiner Lautsprecher ans Licht. Auf der anderen Seite führte es an der Wand entlang, unter der Tür durch, bis in Ninas Zimmer. Wir gingen rein und erwischten meine Schwester mit einem Mikrofon in der Hand.
»Guten Abend, mein Fräulein. Solltest du nicht auch schon längst schlafen, anstatt deinen Bruder zu ärgern?«
Sie lief ganz rot im Gesicht an und ging ärgerlich ins Bett.
»Das sollte doch nur die Rache für den blöden Spruch vorhin sein.«
Papa stellte sich zwischen uns und glättete die Wogen, wie er so gerne sagt. Dann wünschte er uns noch eine gute Nacht und schickte uns beide zum Schlafen.
Jetzt bin ich wirklich richtig froh, dass ich recht hatte und Fliegen in Wirklichkeit nicht sprechen können. So oft, wie diese kleinen Tierchen in meinem Zimmer herum schwirren, hätte ich nachts bestimmt kein Auge mehr zu machen können.