Die Schildkröte hielt ihre Flosse über die Augen, schaute Alice seufzend an und sagte: "Du kennst Dich sicherlich nicht im Meer aus und weißt daher auch nicht über das Leben der Hummer Bescheid. Deshalb kannst Du auch nicht wissen, wie wunderschön ein Hummertanz ist." "Nein, tatsächlich kenne ich mich nicht damit aus. Was ist das für ein Tanz?", wollte Alice wissen.
Der Greif, der gerade sein Gefieder geputzt hatte, begann jetzt geschäftig zu erzählen: "Zuerst stellen sich alle Tänzer in einer Reihe entlang einer Sandbank auf." "In zwei Reihen!", unterbrach ihn die Schildkröte und fuhr fort: "Seehunde, Schildkröten, Lachse und so weiter. Wenn dann alle Quallen aus dem Weg geräumt sind, gehen die Tänzer zwei Schritte vor. Jeder hat einen Hummer als Tanzpartner. Also, zwei Schritte vor, dann den Hummer-Tanzpartner wechseln, und in gleicher Weise zurück. Dann, weißt du, dann wirfst du…" "Den Hummer!", rief der Greif dazwischen. "Ja, den Hummer", fuhr die Schildkröte fort, "…mit Schwung aus dem Meer in die Luft, so hoch du nur kannst, du schwimmst dann im Meer hinterher, machst einen Purzelbaum unter Wasser, fängst anschließend den Hummer wieder auf und schwimmst mit ihm an Land. Das ist die erste Tanzformation des Hummertanzes."
Bei der Beschreibung waren die Falsche Suppenschildkröte und der Greif wild herumgesprungen. Jetzt hatten sie sich beide wieder hingesetzt und schauten Alice erwartungsvoll an. "Möchtest du den Tanz lernen?", fragte die Falsche Suppenschlidkröte. "Ja, sehr gerne!", sagte Alice. "Dann lass uns die erste Figur jetzt genau vormachen", forderte die Falsche Suppenschildkröte den Greif auf. "Wir können sie ohne Hummer machen, nicht wahr? Und wer soll singen?" "Sing du, ich habe den Text vergessen!", antwortete der Greif. Dann machten beide Tiere den Tanz vor und tanzten um Alice herum, und die Falsche Suppenschildkröte sang getragen und mit tiefer Stimme:
"Kannst du ein wenig schneller schwimmen?",
fragt der Schellfisch schnell die Schneck,
"Kommt ein Tümmler, gleich dahinten, fängt meinen Schwanz, das ist sein Zweck!
Schau! Die Schildkröten und Hummer flugs vorausgegleitet sind,
Warten schon am Kieselufer - tanzt du mit mir wie der Wind?
Willst du, magst du, willst du, magst du, willst du tanzen wie der Wind?
Willst du, magst du, willst du, magst du, willst du tanzen wie der Wind?
Stell dir vor, mal dir das aus, wie entzückend es wird sein,
Wenn sie in die Luft uns werfen in das weite Meer hinein!"
Doch die Schnecke sagt: "Zu weit!", schaut den Schellfisch skeptisch an,
"Danke gnädigst, nett gemeint, will nicht tanzen nach diesem Plan."
Möcht nicht, kann nicht, möcht nicht, kann nicht, möcht nicht tanzen nach diesem Plan.
Möcht nicht, kann nicht, möcht nicht, kann nicht, möcht nicht tanzen nach diesem Plan."
"Was macht's schon aus wie weit wir fliegen?" antwortet ihr shupp'ger Freund,
"Ist doch noch ein anderes Ufer auf der and'ren Seit.
Je weiter weg wir sind von hier, desto näher sind wir dort.
Drum mach nicht schlapp, geliebte Schneck, und tanze mit mir fort!
Willst du, magst du, willst du, magst du, willst du tanzen wie der Wind?
Willst du, magst du, willst du, magst du, willst du tanzen wie der Wind?"
Schließlich waren beide ganz außer Atem, setzten sich wieder hin und forderten Alice auf, auch von ihren Erlebnissen und Abenteuern zu erzählen.
"Komm, jetzt erzähle du uns von deinen Abenteuern!", sagte der Greif und Alice begann also damit, ihre Geschichte zu erzählen. Doch sie musste zuerst sagen, sie könne nur die Geschichten von heute erzählen und nicht die von gestern oder von davor, denn sie sei ja seit dem heutigen Tag eine andere Person. "Was meinst Du mit anderer Person? Erkläre uns das!", wollte die Schildkröte wissen. "Nein, zuerst die Abenteuer!", rief der Greif. Alice begann also von Anfang an alle Abenteuer zu erzählen, die sie erlebt hatte, seit sie dem Weißen Kaninchen begegnet war, und als sie bei der Geschichte mit der Raupe angekommen war, erzählte sie, dass ihr die Worte beim Gedichtaufsagen alle falsch aus dem Mund gekommen waren. Da unterbrach die Schildkröte ihre Erzählung mit einem tiefen Atemzug. "Das ist interessant. Ich würde gerne hören, wie sie etwas aufsagt. Sag ihr, sie soll etwas vortragen!", sagte sie zu dem Greif.
"Steh auf und sag >Hier spricht die Schnecke< auf!", forderte der Greif also Alice auf. "Wie einen hier die Tiere herumkommandieren und Gedichte aufsagen lassen!", dachte Alice wieder einmal, "ich komme mir vor wie in der Schule!" Doch sie stand trotzdem auf und begann mit dem Gedichtvortrag. Ihr Kopf war voll mit dem zuvor gehörten Hummertanzlied, so dass sie sich kaum konzentrieren konnte und die Wörter wieder völlig verquer aus ihrem Mund sprudelten:
"Hier spricht der Hummer", hört' ich ihn sagen,
"Muss zuckern mein Haar. Du hast mich zu braun gebraten!"
Und wie eine Ente ihr Gefieder, putzt er mit der Nase
Sich Gürtel und Knöpfe und stellt die Schwanzzeh ins Grase.
"Kannst Du mir das erklären?", fragte die Falsche Suppenschildkröte. "Nein, sie kann das nicht erklären!", antwortete der Greif und wandte sich dann Alice zu: "Fahr fort mit der nächsten Strophe! Sie beginnt mit >Ich ging durch seinen Garten
Alice fuhr also fort:
Ich ging durch seinen Garten, will gerade verweilen,
Da seh ich wie sich Eule und Panther einen Kuchen teilen.
Alice brach ihren Vortrag gleich wieder ab, seufzte tief und nach einigen Sekunden Stille fragte der Greif: "Sollen wir dir noch die zweite Figur vom Hummertanz zeigen, oder willst du lieber, dass die Schildkröte dir ein Lied vorsingt?" "Oh ja, ein Lied! Bitte, wenn die Schildkröte so freundlich wäre!", sagte Alice so eifrig, dass der Greif in beleidigtem Ton antwortete: "Nun ja, gegen Geschmack ist kein Kraut gewachsen", und er forderte die Schildkröte auf, sie solle das Lied von der Schildkrötensuppe singen. Während die Schildkröte ihr trauriges Lied sang, tönte eine laute Stimme zu ihnen: "Der Gerichtsprozess beginnt!"
"Komm, wir gehen!", sagte der Greif jetzt eilig zu Alice und zog sie an der Hand mit sich fort, ohne noch das Ende des Liedvortrags der Schildkröte abzuwarten. "Was ist das für ein Gerichtsprozess?", fragte Alice atemlos. "Los, komm!", antwortete der Greif kurz angebunden und rannte noch schneller mit ihr fort, während der Wind ihnen die traurigen Liedverse der Schildkröte hinterher wehte.