Das Ponyfohlen Tobi stürmte übermütig über die Wiese. Den ganzen Tag war es draußen gewesen. Es hatte Grashalme gekostet, sich gewälzt und sogar versucht, unter dem Zaun hindurch zu kriechen. Jetzt kam es atemlos bei seiner Mutter an und stieß ihr die Nase in die Seite. „Lass uns Fangen spielen“, bat es. Die Stute ließ sich jedoch nicht erweichen. „Es ist Zeit zum Schlafen“, erklärte sie und trabte ihm voraus in den Stall. „Ich bin noch gar nicht müde“, meckerte Tobi. „Ich möchte lieber noch eine Runde um die Wiese rennen.“ Aber seine Mutter bestand darauf, dass er sich neben sie ins Stroh legte.
Murrend ließ sich Tobi auf seinen Schlafplatz plumpsen. Doch er dachte gar nicht daran zu schlafen. Sobald das Pony seine Mutter leise schnarchen hörte, stand es vorsichtig wieder auf. Zuerst stakste es zum Futtertrog. Bestimmt würde es dort etwas Leckeres finden. Doch außer einer alten, verschrumpelten Möhre gab es hier nichts zu entdecken. Enttäuscht pustete Tobi durch die Nase. Er hätte gerne an einigen Haferkörnern gelutscht, und war sicher gewesen, dass seine Mutter nicht alle aufgegessen hatte.
„Suchst du die hier?“ Eine Maus saß hinter dem Trog und hielt ihm eine Handvoll Körner hin. Ihre Augen glitzerten schelmisch. „Das ist unser Hafer“, protestierte Tobi. „Hol ihn dir doch“, kicherte die Maus. „Fang mich, wenn du kannst!“ Dann drehte sie sich um und war blitzschnell im Stroh verschwunden. Verblüfft blickte Tobi ihr nach. Er konnte kaum glauben, dass die Körnerdiebin mit ihren kurzen Beinen so schnell laufen konnte. Immerhin wusste er nun, wohin der Hafer verschwunden war.
Ein Windstoß rüttelte an der Stalltür. Mit einem leisen Knacken sprang das alte Schloss auf, und die Tür öffnete sich ein Stück. Das Pony hob den Kopf und stellte die Ohren aufmerksam nach vorn. Dann trottete es nachdenklich zum einladenden Türspalt. Wenn es durch die Tür ginge, wäre es wieder auf der Weide. Aber inzwischen war es dunkel geworden, und das kleine Pferd konnte die Wiese nicht mehr erkennen. Ob sie überhaupt noch da war, fragte sich Tobi. Vielleicht verschwanden nachts die Bäume, das Gras und auch alles andere, und es war deshalb nichts mehr zu sehen. Tobi scharrte unruhig mit dem Huf. Er fürchtete sich ein bisschen, aber neugierig war er auch.
Plötzlich schwebte ein leuchtender Punkt vor der Tür. Das seltsame Licht wollte sich Tobi genauer angucken, also wagte er sich mutig aus dem Stall. Draußen war es so finster, dass er nicht den Huf vor Augen sah. Doch dann kam der Mond hinter einer Wolke hervor, und er erkannte die Umrisse der Bäume und des Zaunes. Es ist alles noch da, jubelte Tobi. Die Nacht verschluckt die Sachen nicht, sie versteckt sie nur.
Während sich das Pony noch umschaute, flog der helle Punkt direkt an seiner Nase vorbei. Das Fohlen schnappte danach, aber es erwischte ihn nicht. Das Licht schien sogar mit ihm spielen zu wollen, denn immer wenn das Pferd herankam, flog es ein Stückchen zur Seite. Dich krieg ich noch, grummelte Tobi, und bald drehte er sich wild im Kreis. Irgendwann blieb das Pony erschöpft stehen. Das helle Pünktchen wartete einen Moment, aber als klar war, dass Tobi es nicht mehr verfolgen würde, schwirrte es davon. Müde ließ sich das Fohlen ins Gras fallen und gähnte. Keinen Schritt würde er heute mehr laufen, beschloss Tobi und legte den Kopf ins Gras. Schnell war er eingeschlafen, aber hin und wieder zuckten seine Beine, denn im Traum verfolgte er das Glühwürmchen immer noch.