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德国民间故事Rübezahl:5. Rübezahl und der Bauer Veit.

时间:2021-07-29来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Rübezahl
Einen Bauer in der Amtspflege Reichenberg hatte ein böser Nachbar durch einen Prozeß um Hab und Gut gebracht, und nachdem sich das Gericht seiner letzten Kuh bemächtigt hatte, blieb ihm nichts übrig als ein abgehärmtes Weib und ein halbes Dutzend Kinder. Zwar hatte er noch ein paar rüstige, gesunde Arme, aber sie waren nicht hinreichend, sich und die Seinigen damit zu ernähren. Es schnitt ihm durchs Herz, wenn die jungen Raben nach Brot schrien und er nichts hatte, ihren quälenden Hunger zu stillen.
„Mit hundert Talern,“ sprach er zu dem kummervollen Weibe, „wäre uns geholfen, unsern zerfallenen Haushalt wieder einzurichten und fern von dem streitsüchtigen Nachbar ein neues Eigentum zu gewinnen. Du hast reiche Vettern jenseits des Gebirges, ich will hin und ihnen unsere Not klagen; vielleicht, daß sich einer erbarmet und aus gutem Herzen von seinem Überfluß uns auf Zinsen leiht, so viel wir bedürfen.“
Das niedergedrückte Weib willigte mit schwacher Hoffnung eines glücklichen Erfolges in diesen Vorschlag, weil sie keinen besseren wußte. Der Mann aber gürtete frühe seine Lenden und, indem er Weib und Kind verließ, sprach er ihnen Trost ein: „Weinet nicht! Mein Herz sagt es mir, ich werde einen Wohltäter finden, der uns helfen wird.“ Hierauf steckte er eine harte Brotrinde zur Zehrung in die Tasche und ging davon.
Müde und matt von der Hitze des Tages und dem weiten Wege, gelangte er zur Abendzeit in dem Dorfe an, wo die reichen Vettern wohnten; aber keiner wollte ihn kennen, keiner wollte ihn beherbergen. Mit heißen Tränen klagte er ihnen sein Elend; aber die hartherzigen Filze achteten nicht darauf, kränkten den armen Mann mit Vorwürfen und beleidigenden Sprichwörtern. Einer sprach: „Junges Blut, spar’ dein Gut“; der andere: „Hoffart kommt vor dem Fall“; der dritte: „Wie du’s treibst, so geht’s“; der vierte: „Jeder ist seines Glückes Schmied.“ So höhnten und spotteten sie seiner, nannten ihn einen Prasser und Faulenzer und endlich stießen sie ihn sogar zur Tür hinaus. Einer solchen Aufnahme hatte sich der arme Vetter von der reichen Sippschaft seines Weibes nicht versehen, stumm und traurig schlich er von dannen und weil er nichts hatte, um das Schlafgeld der Herberge zu bezahlen, mußte er auf einem Heuschober im Felde übernachten. Hier wartete er schlaflos des zögernden Tages, um sich auf den Heimweg zu begeben.
Da er nun wieder ins Gebirge kam, überkam ihn Harm und Bekümmernis so sehr, daß er der Verzweiflung nahe war. „Zwei Tage Arbeitslohn verloren,“ dachte er bei sich selber, matt und entkräftet von Gram und Hunger, ohne Trost, ohne Hoffnung! Wenn du nun heimkehrst und die sechs Würmer dir entgegenschmachten, ihre Hände aufheben, von dir Labsal zu begehren und du für einen Bissen Brot ihnen einen Stein bieten mußt, Vaterherz! Vaterherz! Wie kannst du’s tragen! Brich entzwei, armes Herz, ehe du diesen Jammer fühlst! Hierauf warf er sich unter einen Schlehenbusch, seinen schwermütigen Gedanken weiter nachzuhängen.
Wie aber am Rande des Verderbens die Seele noch die letzten Kräfte anstrengt, ein Rettungsmittel auszukundschaften, Schutz oder Frist für den hereinbrechenden Untergang zu suchen; gleich einem Bootsmann, der sein Schiff sinken sieht, schnell die Strickleiter hinaufrennt, sich in den Mastkorb zu bergen, oder wenn er unter Verdeck ist, aus der Luke springt, in der Hoffnung, ein Brett oder eine ledige Tonne zu erhaschen, um sich über Wasser zu halten: so verfiel unter tausend Anschlägen und Einfällen der trostlose Veit auf den Gedanken, sich an den Geist des Gebirges in seinem Anliegen zu wenden. Er hatte viel abenteuerliche Geschichten von ihm gehört, wie er zuweilen die Reisenden geneckt und gefoppt, ihnen manchen Streich und Schabernack gespielt, doch auch mitunter Gutes erwiesen habe. Es war ihm nicht unbekannt, daß er sich bei seinem Spottnamen nicht ungestraft rufen lasse; dennoch wußte er ihm auf keine andere Weise beizukommen; also wagte er es auf eine Prügelei und rief so sehr er konnte: „Rübezahl! Rübezahl!“
Auf diesen Ruf erschien alsbald eine Gestalt gleich einem rußigen Köhler mit einem fuchsroten Bart, der bis an den Gürtel reichte, feurigen, stieren Augen und mit einer Schürstange bewaffnet, gleich einem Weberbaum, die er mit Grimm erhob, den frechen Spötter zu erschlagen.
„Mit Gunst, Herr Rübezahl,“ sprach Veit ganz unerschrocken, „verzeiht, wenn ich Euch nicht mit dem rechten Namen bezeichne, hört mich nur an, dann tut, was Euch gefällt.“
Diese dreiste Rede und die kummervolle Miene des Mannes, die weder auf Mutwillen noch Vorwitz deutete, besänftigten den Zorn des Geistes etwas:
„Erdenwurm,“ sprach er, „was treibt dich, mich zu beunruhigen? Weißt du auch, daß du mir mit Hals und Haut für deinen Frevel büßen mußt?“
„Herr,“ antwortete Veit, „die Not treibt mich zu Euch, habe eine Bitte, die Ihr mir leicht gewähren könnt. Ihr sollt mir hundert Taler leihen, ich zahle sie Euch mit landesüblichen Zinsen in drei Jahren wieder, so wahr ich ehrlich bin!“
„Tor,“ sprach der Geist, „bin ich ein Wucherer, der auf Zinsen leiht? Gehe hin zu deinen Menschenbrüdern und borge da so viel dir not tut, mich aber laß in Ruhe.“
„Ach!“ erwiderte Veit, „mit der Menschenbrüderschaft ist’s aus! Auf Mein und Dein gilt keine Brüderschaft.“
Hierauf erzählte er ihm seine Geschichte nach der Länge und schilderte ihm sein drückendes Elend so rührend, daß ihm Rübezahl seine Bitte nicht versagen konnte; und wenn der arme Tropf auch weniger Mitleid verdient hätte, so schien doch dem Geist das Unterfangen, von ihm ein Kapital zu leihen, so neu und sonderbar, daß er um des guten Zutrauens willen geneigt war, des Mannes Bitte zu gewähren.
„Komm, folge mir,“ sprach er und führte ihn darauf waldeinwärts, in ein abgelegenes Tal zu einem schroffen Felsen, dessen Fuß ein dichter Busch bedeckte.
Nachdem sich Veit neben seinem Begleiter mit Mühe durchs Gesträuch gearbeitet hatte, gelangten sie zum Eingang einer finsteren Höhle. Dem guten Veit war nicht wohl dabei zumute, da er so im Dunkeln tappen mußte; es lief ihm ein kalter Schauer nach dem andern den Rücken herab und seine Haare sträubten sich empor. Rübezahl hat schon manchen betrogen, dachte er, wer weiß, was für ein Abgrund mir vor den Füßen liegt, in welchen ich beim nächsten Schritt hinabstürze. Dabei hörte er ein fürchterliches Brausen als eines Tagwassers, das sich in den tiefen Schacht ergoß. Je weiter er fortschritt, je mehr engten ihm Furcht und Grausen das Herz ein. Doch bald sah er zu seinem Trost in der Ferne ein blaues Flämmchen hüpfen, das Berggewölbe erweiterte sich zu einem großen Saal, das Flämmchen brannte hell und schwebte als ein Hängeleuchter in der Mitte der Felsenhalle. Auf dem Pflaster fiel ihm eine kupferne Braupfanne in die Augen, mit lauter harten Talern bis an den Rand gefüllt.
Als Veit den Geldschatz erblickte, schwand alle seine Furcht dahin und das Herz hüpfte ihm vor Freuden.
„Nimm,“ sprach der Geist, „was du bedarfst, es sei wenig oder viel, nur stelle mir einen Schuldschein aus, wenn du überhaupt schreiben kannst.“
Der Schuldner bejahte das und zählte sich gewissenhaft die hundert Taler zu, nicht einen mehr und keinen weniger. Der Geist schien auf das Zählungsgeschäft gar nicht zu achten, drehte sich weg und suchte indes Feder und Tinte hervor. Veit schrieb den Schuldschein so bündig als ihm möglich war; der Berggeist schloß ihn in einen eisernen Schatzkasten und sagte zum Abschied:
„Sieh hin, mein Freund, und nütze dein Geld mit arbeitsamer Hand. Vergiß nicht, daß du mein Schuldner bist, und merke dir den Eingang ins Tal und diese Felsenkluft genau! Sobald das dritte Jahr verflossen ist, zahlst du mir Kapital und Zins zurück; ich bin ein strenger Gläubiger, hältst du nicht ein, so fordere ich es mit Ungestüm.“
Der ehrliche Veit versprach, auf den Tag richtig Zahlung zu leisten, versprach’s mit seiner biederen Hand, doch ohne Schwur; verpfändete nicht seine Seele und Seligkeit, wie lose Bezahler zu tun pflegen, und schied mit dankbarem Herzen von seinem Schuldherrn in der Felsenhöhle, aus der er leicht den Ausgang fand. —
Die hundert Taler wirkten bei ihm mächtig auf Seele und Leib, daß ihm nicht anders zumut war, als er das Tageslicht wieder erblickte, als ob er Balsam des Lebens in der Felsenkluft eingesogen habe. Freudig und gestärkt an allen Gliedern, schritt er nun seiner Wohnung zu und trat in die elende Hütte, indem sich der Tag zu neigen begann. Sobald ihn die abgezehrten Kinder erblickten, schrien sie ihm wie aus einem Munde entgegen: „Brot, Vater, einen Bissen Brot! Hast uns lange darben lassen.“ Das abgehärmte Weib saß in einem Winkel und weinte, fürchtete verzagt und kleinmütig das Schlimmste und vermutete, daß der Angekommene wieder das alte traurige Lied anstimmen werde. Er aber bot ihr freundlich die Hand, hieß sie Feuer anschüren auf dem Herde; denn er trug Grütze und Hirse aus Reichenberg im Zwerchsack, wovon die Hausmutter einen steifen Brei kochen mußte, daß der Löffel darin stand. Nachher berichtete er von dem guten Erfolg seines Geschäfts.
„Deine Vettern,“ sprach er, „sind gar rechtliche Leute; sie haben mir nicht meine Armut vorgerückt, haben mich nicht verkannt oder mich schimpflich vor der Tür abgewiesen, sondern mich freundlich beherbergt, Herz und Hand mir geöffnet und hundert bare Taler vorschußweise auf den Tisch gezählt.“
Da fiel dem guten Weibe ein schwerer Stein vom Herzen, der sie lange gedrückt hatte.
„Wären wir,“ sagte sie, „eher vor die rechte Schmiede gegangen, so hätten wir uns manchen Kummer ersparen können.“ Hierauf rühmte sie ihre Freundschaft, von welcher sie vorher so wenig Gutes erwartet hatte, und tat recht stolz auf die reichen Vettern.
Der Mann ließ ihr nach so vielen Drangsalen gern die Freude, die ihrer Eitelkeit so schmeichelhaft war. Da sie aber nicht aufhörte, von den reichen Vettern zu sprechen, und das viele Tage so forttrieb, wurde Veit des Lobposaunens der Geizdrachen satt und müde und sprach zum Weibe: „Als ich vor der rechten Schmiede war, weißt du, was mir der Meister Schmied für eine weise Lehre gab?“
Sie sprach: „Welche?“
„Jeder, sagte er, sei seines Glückes Schmied, und man müsse das Eisen schmieden, so lange es heiß sei; drum laß’ uns nun die Hände rühren und unserm Beruf fleißig obliegen, daß wir was vor uns bringen, in drei Jahren den Vorschuß nebst Zinsen abzahlen können und aller Schuld quitt und ledig seien.“
Darauf kaufte er einen Acker und eine Wiese, dann wieder einen und noch einen, dann eine ganze Hufe; es war Segen in Rübezahls Gelde, als wenn ein Hecktaler darunter wäre. Veit säete und erntete, wurde schon für einen wohlhabenden Mann im Dorfe gehalten, und sein Säckel besaß noch immer ein kleines Kapital zur Erweiterung seines Eigentums. Im dritten Sommer hatte er schon zu seiner Hufe ein Herrengut gepachtet, das ihm reichen Ertrag brachte; kurz, er war ein Mann, dem alles, was er tat, zu gutem Glück gedieh.
Der Zahlungstag kam nun heran und Veit hatte so viel erübrigt, daß er ohne Beschwerde seine Schuld abtragen konnte; er legte das Geld zurecht und an dem bestimmten Tage war er früh auf, weckte das Weib und alle seine Kinder, hieß sie waschen und kämmen und ihre Sonntagskleider anziehen, auch die neuen Schuhe und die scharlachenen Mieder und Brusttücher, die sie noch nicht auf den Leib gebracht hatten. Er selbst holte seinen Feiertagsrock herbei und rief zum Fenster hinaus: „Hans, spann’ an!“
„Mann, was hast du vor?“ fragte die Frau, „es ist heute weder Feiertag noch Kirchweihfest, was macht dich so guten Mutes, daß du uns ein Wohlleben bereitet hast, und wo gedenkst du uns hinzuführen?“
Er antwortete: „Ich will mit euch die reichen Vettern jenseits des Gebirges heimsuchen und dem Gläubiger, der mir durch seinen Vorschub wieder aufgeholfen hat, Schuld und Zins bezahlen, denn heute ist der Zahltag.“
Das gefiel der Frau wohl; sie putzte sich und die Kinder stattlich heraus, und damit die reichen Vettern eine gute Meinung von ihrem Wohlstande bekämen und sich ihrer nicht schämen dürften, band sie eine Schnur gekrümmter Dukaten um den Hals. Veit rüttelte den schweren Geldsack zusammen, nahm ihn zu sich, und da alles in Bereitschaft war, saß er auf mit Frau und Kind. Hans peitschte die vier Hengste an und sie trabten mutig über das Blachfeld nach dem Riesengebirge zu.
Vor einem steilen Hohlwege ließ Veit den Rollwagen halten, stieg ab und ließ die anderen ein Gleiches tun, dann gebot er dem Knechte: „Hans, fahr’ gemachsam den Berg hinan, oben bei den drei Linden sollst du unser warten, und ob’s auch ein wenig lange dauert, so laß dich’s nicht anfechten, laß die Pferde verschnaufen und einstweilen grasen; ich weiß hier einen Fußpfad, er ist etwas um, doch lustig zu wandeln!“
Darauf schlug er sich in Geleitschaft des Weibes und der Kinder waldein durch dicht verwachsenes Gebüsch und spähte hin und her, die Frau meinte, ihr Mann habe sich verirrt; sie ermahnte ihn darum, zurückzukehren und der Landstraße zu folgen.
Veit aber hielt plötzlich still, versammelte seine sechs Kinder um sich her und redete also: „Du wähnst, liebes Weib, daß wir zu deiner Freundschaft ziehen; dahin steht jetzt nicht mein Sinn. Deine reichen Vettern sind Knauser und Schurken, die, als ich damals in meiner Armut Trost und Zuflucht bei ihnen suchte, mich gefoppt, gehöhnet und mit Übermut von sich gestoßen haben. — Hier wohnt der reiche Vetter, dem wir unsern Wohlstand verdanken, der mir aufs Wort das Geld geliehen, das in den drei Jahren in meiner Hand so wohl gewuchert hat. Auf heute hat er mich herbeschieden, Zins und Kapital ihm wieder zu erstatten. Wißt ihr nun, wer unser Schuldherr ist? Der Herr vom Berge, Rübezahl genannt!“
Das Weib entsetzte sich heftig über diese Rede, schlug ein Kreuz vor sich, und die Kinder bebten und gebärdeten sich ängstlich vor Furcht und Schrecken, daß sie der Vater vor Rübezahl führen wollte. Sie hatten viel in den Spinnstuben von ihm gehört, daß er ein scheußlicher Riese und Menschenfresser sei. Veit erzählte ihnen sein ganzes Abenteuer, wie ihm der Berggeist in Gestalt eines Köhlers auf sein Rufen erschienen sei, und was er mit ihm verhandelt in der Höhle habe, pries seine Mildtätigkeit mit dankbarem Herzen und so inniger Rührung, daß ihm die warmen Tränen über die Backen herabträufelten.
„Wartet hier,“ fuhr er fort, „jetzt geh’ ich hin in die Höhle, mein Geschäft auszurichten. Fürchtet nichts, ich werde nicht lange ausbleiben und wenn ich’s vom Gebirgsherrn erlangen kann, so bring’ ich ihn zu euch. Scheuet euch nicht, eurem Wohltäter treuherzig die Hand zu schütteln, ob sie gleich schwarz und rußig ist; er tut euch nichts zuleide und freut sich seiner guten Tat und unsers Danks gewiß! Seid nur beherzt, er wird euch goldene Äpfel und Pfeffernüsse austeilen.“
Ob nun gleich das bängliche Weib viel gegen die Wallfahrt in die Felsenhöhle einzuwenden hatte und auch die Kinder jammerten und weinten, sich um den Vater herlagerten und, da er sie auf die Seite schob, ihn an den Rockfalten zurückzuziehen sich abmühten, so riß er sich doch mit Gewalt von ihnen, drang in den dicht verwachsenen Busch und gelangte zu dem wohlbekannten Felsen. Er fand alle Merkzeichen der Gegend wieder, die er sich wohl ins Gedächtnis geprägt hatte; die alte halberstorbene Eiche, an deren Wurzel die Kluft sich öffnete, stand noch, wie sie vor drei Jahren gestanden hatte, doch von einer Höhle war keine Spur mehr vorhanden. Veit versuchte auf alle Weise, sich den Eingang in den Berg zu eröffnen, er nahm einen Stein, klopfte an den Felsen; er sollte, meinte er, sich auftun; er zog den schweren Geldsack hervor, klingelte mit den harten Talern und rief, so laut er nur konnte: „Geist des Gebirges, nimm hin, was dein ist!“ Doch der Geist ließ sich weder hören noch sehen. Also mußte sich der ehrliche Schuldner entschließen, mit seinem Säckel wieder umzukehren.
Sobald ihn das Weib und die Kinder von ferne erblickten, eilten sie ihm freudevoll entgegen; er war mißmutig und sehr bekümmert, daß er seine Zahlung nicht an seinen Gläubiger abliefern konnte, setzte sich zu den Seinen auf einen Rasenrain und überlegte, was nun zu tun sei.
Da fiel ihm sein altes Wagestück wieder ein. „Ich will,“ sprach er, „den Geist bei seinem Spottnamen rufen; wenn’s ihn auch verdrießt, mag er mich bläuen und zupfen, wie er Lust hat, wenigstens hört er auf diesen Ruf gewiß.“ Darauf schrie er aus Leibeskräften: „Rübezahl! Rübezahl!“ Das angstvolle Weib bat ihn, zu schweigen, und wollte ihm den Mund zuhalten; er ließ sich aber nicht wehren und trieb’s immer ärger. Plötzlich drängte sich jetzt der jüngste Bube an die Mutter an und schrie bänglich: „Ach, der schwarze Mann!“ Getrost fragte Veit: „Wo?“ „Dort lauscht er hinter jenem Baume hervor.“ Und alle Kinder krochen in einen Haufen zusammen, bebten vor Furcht und schrien jämmerlich. Der Vater blickte hin und sah nichts; es war Täuschung, nur ein leerer Schatten; kurz Rübezahl kam nicht zum Vorschein und alles Rufen war umsonst.
Die Familie trat nun den Rückweg an und Vater Veit ging ganz betrübt und schwermütig auf der breiten Landstraße vor sich hin. Da erhob sich vom Walde her ein sanftes Rauschen in den Bäumen, die schlanken Birken neigten ihre Wipfel, das bewegliche Laub der Espen zitterte, das Brausen kam näher und der Wind schüttelte die weitausgestreckten Äste der Steineichen, trieb dürres Laub und Grashalme vor sich her, kräuselte im Weg kleine Staubwolken empor. An diesem lustigen Spiel vergnügten sich die Kinder, die nicht mehr an Rübezahl dachten, und haschten nach den Blättern, mit welchen der Wirbelwind spielte. Unter dem dürren Laube wurde auch ein Blatt Papier über den Weg geweht, auf welches einer der Knaben Jagd machte; doch wenn er danach griff, hob es der Wind auf und führte es weiter, daß er’s nicht erlangen konnte. Darum warf er seinen Hut danach, der’s endlich bedeckte; weil’s nun ein schöner, weißer Bogen war und der sparsame Vater jede Kleinigkeit in seinem Haushalte zu nutzen pflegte, so brachte ihm der Knabe den Fund, um sich ein kleines Lob zu verdienen. Als dieser das zusammengerollte Papier aufschlug, um zu sehen, was es wäre, fand er, daß es der Schuldbrief war, den er an den Berggeist ausgestellt hatte; er war von oben herein zerrissen und unten stand geschrieben: „Zu Dank bezahlt.“
Wie das Veit las, rührte es ihn tief in der Seele und er rief mit freudigem Entzücken: „Freue dich, liebes Weib und ihr Kinder allesamt, freuet euch; er hat uns gesehen, hat unsern Dank gehört, unser guter Wohltäter, der uns unsichtbar umschwebte, weiß, daß Veit ein ehrlicher Mann ist. Ich bin meiner Zusage quitt und ledig, nun laßt uns mit frohem Herzen heimkehren!“
Eltern und Kinder weinten noch viele Tränen der Freude und des Dankes, bis sie wieder zu ihrem Fuhrwerk gelangten, und weil die Frau groß Verlangen trug, ihre Freundschaft heimzusuchen, um durch ihren Wohlstand die filzigen Vettern zu beschämen, so rollten sie frisch den Berg hinab, gelangten in der Abendstunde in das Dorf und hielten bei dem nämlichen Bauernhofe an, aus welchem Veit vor drei Jahren hinausgestoßen worden war. Er pochte diesmal ganz herzhaft und fragte nach dem Wirte. Es kam ein unbekannter Mann zum Vorschein, der gar nicht zur Freundschaft gehörte; von diesem erfuhr Veit, daß die reichen Vettern ausgewirtschaftet hatten. Der eine war gestorben, der andere verdorben, der dritte davongegangen und ihre Stätte ward nicht mehr gefunden in der Gemeinde. Veit übernachtete mit seiner Familie bei dem gastfreien Hauswirt, der ihm und seinem Weibe das alles weitläufiger erzählte. Tags darauf kehrte er in seine Heimat und an seine Berufsgeschäfte zurück, nahm zu an Reichtum und Gütern und blieb ein rechtlicher, wohlhabender Mann sein lebelang.
 
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