Das Schiff bockte weiter und schlug aus wie ein junges Pferd. Die Segel füllten sich einmal nach der einen, dann nach der anderen Seite. Schließlich entdeckte ich die beiden Wachen. Der eine Mann lag auf dem Rücken, die Arme ausgestreckt wie ein Gekreuzigter. Israel Hands lehnte gegen das Geländer, das Kinn war ihm auf die Brust gesunken. Das Gesicht war unter seiner braunen Haut ganz weiß. Ich bemerkte auf den Planken um die beiden herum dunkle Blutlachen.
Hands drehte sich mit einem Stöhnen herum. Ich ging zu ihm und sagte voller Ironie: "An Bord zurückgekehrt, Mister Hands."
Schwerfällig drehte er seine Augen zu mir, aber er war zu schwach, um seinem Erstaunen Ausdruck zu geben. Alles, was er hervorbrachte, war ein einziges Wort: "Schnaps."
Ich schlüpfte die Treppe nach unten zur Kajüte. Das Durcheinander, das dort herrschte, kann man sich kaum vorstellen. Bei der Suche nach der Karte hatte man alle verschlossenen Fächer aufgebrochen. Der Boden war mit Schmutz bedeckt. Dutzende von leeren Flaschen klirrten in den Ecken gegeneinander.
Ich ging hinab in den Laderaum. Dort waren alle Fässer verschwunden, die meisten Flaschen hatte man ausgetrunken. Ich fand noch eine Flasche für Hands, und für mich nahm ich Zwieback, eingemachte Früchte, ein großes Paket Rosinen und ein Stück Käse.
Dann stieg ich wieder an Deck und legte meine Vorräte hinter das Ruder. Ich ging zum Wasserfass und tat einen tiefen Zug. Erst danach brachte ich Hands den Branntwein, den er sofort fast ganz austrank.
"Schwer verletzt?", fragte ich ihn.
"Wenn dieser Doktor an Bord wäre, könnte ich in wenigen Tagen wieder auf den Beinen sein. Aber, siehst du, ich habe eben kein Glück. Dieser Waschlappen da ist erledigt und tot", erwiderte er und zeigte auf den anderen Piraten. "Und wo kommst du jetzt her?"
"Nun", sagte ich, "ich bin an Bord gekommen, um das Schiff zu übernehmen, Mister Hands. Betrachtet mich bitte bis auf weiteres als Euren Kapitän."
Er schaute mich mürrisch an, sagte aber kein Wort. Sein Gesicht hatte wieder etwas Farbe bekommen, obwohl er noch immer sehr krank aussah.
"Im Übrigen, Mister Hands", fuhr ich fort, "kann ich diese Fahne nicht dulden. Mit Eurer Erlaubnis werde ich sie herunterholen. Besser gar keine Fahne als diese." Damit holte ich die verfluchte schwarze Fahne herunter und warf sie über Bord.
Er beobachtete mich mit scharfen und verschlagenen Augen. Schließlich sagte er: "Ich schätze, Kapitän Hawkins, Ihr habt die Absicht, wieder an Land zu kommen? Wir sollten darüber sprechen, denn ohne mich bist du dazu nicht in der Lage. Ich will dir einen Vorschlag machen: Du gibst mir zu essen und zu trinken und irgendeinen alten Fetzen, um meine Wunde zu verbinden, und ich werde dir sagen, wie du segeln musst."
"Ich sage Euch eins", entgegnete ich, "zu Kapitän Kidds Ankerplatz werde ich nicht zurückkehren. Ich fahre in die Nordeinfahrt und setze den Schoner dort schön auf den Strand."
Hands zeigte sich damit einverstanden. Nach drei Minuten hatte ich es geschafft, dass die ‚Hispaniola' längs der Schatzinsel dahinsegelte. Die Aussicht, noch vor Mittag die Nordspitze zu umfahren und noch vor der Flut die Nordeinfahrt zu erreichen, war gut. Dort konnten wir das Schiff ruhig auf den Sand setzen und warten, bis wir bei Ebbe an Land gehen konnten.
Nachdem ich Hands seine Wunde verbunden hatte und er ein wenig gegessen und einige Schlucke Branntwein zu sich genommen hatte, ging es ihm sichtlich besser. Mich beunruhigten die Augen des Schiffszimmermannes, die mich höhnisch über das ganze Deck verfolgten. In diesen Augen sah ich Spott und Verrat.