Am nächsten Morgen gingen wir zeitig an die Arbeit, denn der Transport dieser großen Mengen Gold ,fast eine halbe Meile weit bis zur Küste und dann drei Meilen weit im Boot bis zur ‚Hispaniola', war eine schwere Aufgabe für so wenige Männer. Die drei Piraten, die sich noch auf der Insel befanden, störten uns wenig. Eine einzige Wache reichte aus, uns vor einem Überfall zu schützen.
Die Arbeit ging gut voran. Grey und Ben Gunn fuhren mit dem Boot hin und her. Die Übrigen transportierten den Schatz an Land. Ich selbst verpackte in der Höhle die Münzen aus den unterschiedlichsten Ländern in Zwiebacksäcke. Ich glaube, fast alle Geldsorten der Welt hatten in dieser Sammlung ihren Platz gefunden.
Tag für Tag wurde diese Arbeit fortgesetzt. An jedem Abend war wieder ein Vermögen an Bord verstaut worden.
Während dieser ganzen Zeit hörten wir nichts von den drei überlebenden Meuterern. Nur an einem Abend drang ein betrunkenes Singen an unsere Ohren und an einem späteren Tag hörten wir einen Gewehrschuss. Wahrscheinlich waren sie auf der Jagd. Wir hielten eine Beratung und beschlossen, sie auf der Insel zurück zu lassen. Wir ließen für sie einen reichlichen Vorrat an Pulver und Kugeln zurück, ebenso den größten Teil des gesalzenen Ziegenfleisches, einige Medikamente und andere notwendige Dinge wie Werkzeuge, Kleidung, Stricke sowie eine gute Portion Tabak.
Silver wurde von uns allen mit Verachtung behandelt. Es war erstaunlich, wie er das ertrug und mit welch unermüdlicher Höflichkeit er versuchte, sich bei uns allen wieder einzuschmeicheln. Nur Ben Gunn hatte noch immer Angst vor ihm.
Dann war unsere Arbeit auf der Insel beendet. Der Schatz war verstaut, genügend Wasser und der Rest des Ziegenfleisches waren an Bord gebracht.
An einem schönen Morgen lichteten wir den Anker. Wir erkannten bald, dass uns die drei Kerle, die wir zurückließen, doch genau beobachtet hatten. Wir sahen sie auf einer Landzunge im Sand knien mit bittend erhobenen Armen. Es ging uns allen sehr nahe, sie so zu sehen, aber wir konnten sie nicht mitnehmen und noch einmal eine Meuterei riskieren. Der Doktor rief ihnen noch zu, wo sie die Vorräte finden konnten, die wir zurückgelassen hatten. Einer von ihnen gab einen Schuss auf unser Schiff ab.
Wir waren so knapp an Leuten, dass jeder an Bord mit Hand anlegen musste. Nur der Kapitän lag auf einer Matratze im Achterdeck und gab seine Befehle. Wir nahmen Kurs auf den nächsten Hafen in Südamerika, denn ohne neue Matrosen konnten wir die Heimreise nicht wagen.
Als wir in einer schönen Bucht vor Anker gingen, waren wir alle von ein paar kräftigen Stürmen total erschöpft. Aber sofort wurden wir von Negern, mexikanischen Indianern und Mischlingen in ihren kleinen Booten umringt. Sie wollten uns Früchte und Gemüse verkaufen und Münzen tauschen. Der Anblick so vieler gutmütiger Gesichter tat wohl.
Der Doktor und der Baron nahmen mich mit an Land, und wir verbrachten den Abend mit dem Kapitän eines englischen Kriegsschiffes.
Als wir wieder an Bord unseres Schiffes kamen, befand sich Ben Gunn allein an Deck. Verlegen begann er ein Geständnis abzulegen. Silver war geflohen, und er hatte ihm in einem Ruderboot zur Flucht verholfen. Er versicherte uns, er habe es nur getan, um unser Leben zu retten, das ansonsten sicher in Gefahr gewesen wäre.
Aber das war noch nicht alles. Der Schiffskoch war nicht mit leeren Händen gegangen. Er hatte einen der Säcke mit Goldstücken im Wert von ungefähr drei- oder vierhundert Guineen entwendet.
Ich glaube, wir waren alle froh, ihn so losgeworden zu sein.
Um es kurz zu machen: Wir heuerten einige Matrosen an und hatten eine gute Heimfahrt. Jeder von uns erhielt einen reichlichen Anteil von dem Schatz und verwandte ihn seiner Veranlagung entsprechend.
Kapitän Smollett fährt jetzt nicht mehr zur See.
Grey hat sein Geld gespart. Er ist jetzt Maat und Teilhaber eines schönen Schiffes. Dazu hat er geheiratet und ist Vater geworden.
Ben Gunn erhielt tausend Pfund, die er in neunzehn Tagen verjubelte. Am zwanzigsten Tag kam er bettelnd zurück, und man machte ihn zu einem Portier. Die Dorfjugend liebt ihn und er ist ein beachtlicher Sänger in der Kirche.
Von Silver haben wir nichts mehr gehört.
Die Silberbarren und die Waffen liegen, soviel ich weiß, noch immer dort, wo Flint sie vergraben hat. Dort mögen sie meinetwegen auch bleiben. Um keinen Preis der Welt würde ich auf jene verfluchte Insel zurückkehren. Es sind meine schlimmsten Träume, wenn ich die Brandung höre, wie sie gegen die Küste donnert, oder die kreischende Stimme von Kapitän Flint, die ruft: "Goldstücke! Goldstücke! Goldstücke!"