Die ‚Hispaniola' lag ein Stück weit draußen. Als wir an Bord kletterten, salutierte Mr. Arrow, ein alter, braungebrannter Seemann, der Ringe in den Ohren trug und schielte. Er und der Baron waren dick befreundet.
Als wir in die Kajüte hinab gegangen waren, meldete ein Matrose, dass Kapitän Smollett den Baron zu sprechen wünsche. "Ich stehe dem Kapitän immer zur Verfügung", sagte der Baron.
Der Kapitän trat herein und schloss sofort hinter sich die Tür. "Es ist immer besser, offen zu sprechen, glaube ich, selbst auf die Gefahr hin, Anstoß zu erregen. Diese Fahrt gefällt mir nicht, die Mannschaft gefällt mir nicht, und mein Offizier gefällt mir auch nicht. Das ist alles, kurz und bündig."
"Vielleicht gefällt Euch das Schiff auch nicht?", erkundigte sich der Baron sehr zornig.
"Dazu kann ich nichts sagen, solange ich es nicht erprobt habe", entgegnete der Kapitän. "Es scheint ein tüchtiges Fahrzeug zu sein, mehr kann ich nicht sagen."
Nun schaltete sich Doktor Livesey in das Gespräch ein. "Ich muss sagen, dass ich eine Erklärung für die Worte verlange. Euch gefällt diese Fahrt nicht, habt Ihr gesagt. Warum nicht?"
"Ich wurde engagiert, um die Fahrt, wie wir sagen, mit versiegelter Order zu unternehmen. Ich soll das Schiff für diesen Herrn dorthin bringen, wohin er mir befielt", sagte der Kapitän. "So weit, so gut. Aber nun entdecke ich, dass jeder Mann vor dem Mast mehr weiß als ich. Ich kann das nicht als fair bezeichnen oder Ihr vielleicht?"
"Nein", erwiderte der Doktor, "ich auch nicht."
"Dann habe ich gehört", fuhr der Kapitän fort, "dass wir auf Schatzsuche gehen. Meine eigene Mannschaft hat mir das erzählt. Einen Schatz zu suchen ist eine heikle Arbeit, und solche Fahrten wollen mir nicht gefallen. Ich liebe sie nicht, wenn sie geheim sind, aber vor allem nicht, wenn das Geheimnis sogar schon der Papagei kennt."
"John Silvers Papagei?", fragte der Baron.
"Das ist nur so eine Redensart", antwortete der Kapitän. "Es wird gequatscht, will ich damit sagen. Es ist meine Überzeugung, dass keiner von Euch Herren weiß, was uns bevorsteht. Aber ich will Euch sagen, was ich davon halte: Es geht um Leben oder Tod, und es wird ein scharfes Rennen werden."
"Das ist richtig, aber wir nehmen das Wagnis auf uns", erwiderte der Doktor. "Warum gefällt Euch aber die Mannschaft nicht? Sind es keine guten Matrosen?"
"Sie gefallen mir nicht", sagte Kapitän Smollett. "Ich hätte mir meine Leute selbst aussuchen sollen!"
"Vielleicht ist das richtig", entgegnete der Doktor. "Mein Freund hätte Euch vielleicht bei der Auswahl zu Rate ziehen sollen. Aber dieses Versäumnis, wenn es eines war, war keinesfalls beabsichtigt. Warum gefällt Euch unser Offizier, Mr. Arrow, nicht?"
"Ich glaube, dass er ein guter Seemann ist, aber er gibt sich zuviel mit der Mannschaft ab, um ein guter Offizier zu sein. Ein Maat muss sich zurückhalten, er sollte mit den Männern vor dem Mast nicht trinken."
"Ihr meint also, er trinkt?", rief der Baron.
"Nein", erwiderte der Kapitän, "er ist nur zu vertraulich mit den Matrosen. Ihr, meine Herren, seid also fest entschlossen, diese Fahrt zu unternehmen?"
"Felsenfest", antwortete der Baron.
"Na schön", sagte der Kapitän. "Ihr habt mich sehr geduldig angehört, und ich habe Dinge gesagt, die ich nicht beweisen kann. Lasst mich noch etwas dazu sagen. Die Männer verstauen das Pulver und die Waffen im vorderen Kielraum. Aber Ihr habt doch dafür einen guten Platz unter der Kajüte. Warum wollt Ihr es nicht dort unterbringen? Das war das Erste. Außerdem wollt Ihr vier von Euren eigenen Leuten mitbringen. Man sagte mir, dass einige von ihnen nach vorn sollen. Warum gebt Ihr ihnen die Kojen nicht hier neben der Kajüte? Das war das Zweite. Nur noch eines. Ich will Euch erzählen, was ich selbst gehört habe. Man sagt, dass Ihr die Karte einer Insel habt, dass auf der Karte Kreuze sind, welche die Stelle anzeigen, wo der Schatz liegt. Man weiß auch, wo sich diese Insel befindet." Dann nannte er die genaue Länge und Breite.
"Ich habe nicht davon gesprochen", rief der Baron. "Keiner Seele habe ich davon erzählt."
"Die Männer wissen es", erwiderte der Kapitän.
"Livesey, Ihr oder Hawkins müsst es gewesen sein!", rief der Baron.
"Es spielt keine Rolle, wer es war", entgegnete der Doktor. Ich glaube, wir alle ärgerten uns über die Schwatzhaftigkeit des Barons, aber keiner von uns glaubte wohl wirklich, dass er von der Lage der Insel gesprochen hatte.
"Nun, meine Herren, ich weiß nicht, wer von Ihnen die Karte verwahrt, aber ich stelle die Bedingung, dass sie vor mir und Mr. Arrow geheim gehalten wird. Andernfalls müsste ich Euch um meine Entlassung bitten."
"Ich verstehe", sagte der Doktor. "Ihr verlangt, dass wir diese Sache für uns behalten und dass wir aus dem Achterschiff eine Festung machen, bemannt mit den eigenen Leuten meines Freundes und ausgerüstet mit dem Pulver und allen Waffen, die an Bord sind. Mit anderen Worten: Ihr befürchtet eine Meuterei."
"Mein Herr", erwiderte Kapitän Smollett, "legt mir bitte keine Worte in den Mund, die ich nicht gesagt habe. Mr. Arrow und einige der Männer, vielleicht auch alle, scheinen ehrenhaft zu sein. Aber ich bin für die Sicherheit des Schiffes und für das Leben jedes Einzelnen an Bord verantwortlich. Ich glaube, dass die Dinge nicht richtig laufen, und ich bitte Euch, gewisse Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen oder mir meinen Abschied zu geben. Das ist alles."
Der Baron sagte ärgerlich: "Ich habe Euch angehört, was ich sicher nicht getan hätte, wäre der Doktor nicht hier gewesen. Dann hätte ich Euch sicher zum Teufel gejagt. Aber nun habe ich Euch angehört, und ich will tun, was Ihr verlangt. Von Euch selbst halte ich allerdings nicht mehr viel."
"Das muss ich Euch überlassen", sagte der Kapitän. "Aber Ihr werdet sehen, dass ich nur meine Pflicht tue." Nach diesen Worten ging er hinaus.
"Trelawney", sagte der Doktor, "entgegen allen meinen Erwartungen ist es Euch, glaube ich, gelungen, zwei sehr ehrenhafte Männer an Bord dieses Schiffes zu bringen, nämlich diesen Kapitän und John Silver."
"Silver, ja", rief der Baron, "aber den anderen halte ich für einen unerträglichen Dickkopf. Ich erkläre sein Benehmen für unmännlich, für unseemännisch und ausgesprochen unenglisch."
"Nun", gab der Doktor zurück, "wir werden ja sehen."
Als wir an Deck kamen, hatten die Männer schon begonnen, das Pulver und die Waffen umzustauen. Diese neue Anordnung sowie auch die neue Lage der Kojen gefielen mir ganz gut.
Schließlich kamen auch die Letzten der Mannschaft, unter ihnen der lange John, an Bord. Der Koch kroch geschickt wie ein Affe die Bordwand hoch und erkundigte sich, was wir tun. Dann verschwand er schnell in Richtung der Kombüse.
Ich betrachtete gerade eine Kanone, als der Kapitän mir zurief: "He, Schiffsjunge, weg da! Geh hinunter zum Koch und such dir Arbeit!" Als ich davon eilte, hörte ich ihn noch zum Doktor sagen: "Günstlinge will ich auf meinem Schiff nicht haben." Nun war ich sicher, dass ich genauso dachte wie der Baron und den Kapitän gründlich verabscheute.