Zwischen dem Bankier Danglars und seiner Gattin kam es zu einer unschönen Szene, als der Bankier von seinen Verlusten an der Börse sprach. Er warf ihr vor daran Schuld zu sein, weil es ihr Liebhaber war, über den die falschen Meldungen über die spanischen Aktien zu Danglars gedrungen waren. Danglars verlangte einen Anteil an diesem Verlust von ihr zurück und, ungalant, wie es seine Natur war, hielt er ihr gleich noch alle Liebesverhältnisse vor die sie die letzten zwanzig Jahre hatte.
"Und ich sage Ihnen, Madame", rief er ihr zornig zu, "Ihr erster Mann starb aus Kummer oder Wut, als er Sie nach seiner Abwesenheit von über neun Monaten im sechsten Monat schwanger vorfand!"
Es ist nicht verwunderlich, dass diese Worte Madame Danglars niederschmetterten, offenbarten sie doch, dass ihr zweiter Gatte Dinge über sie wusste, von denen sie wünschte, dass sie im tiefen Schoß des Vergessens ruhten. Nicht nur ihr Verhältnis mit Herrn von Villefort, sondern auch die Schwangerschaft.
Während Frau Danglars sich auf dem Weg zum Staatsanwalt machte, besuchte Herr Danglars den Grafen von Monte Christo. Er erhoffte sich Auskünfte über den Major Cavalcanti und dessen Sohn Andrea.
"Guter Gott, was haben Sie denn? Sie sehen ganz sorgenvoll aus, in der Tat sie erschrecken mich", begann der Graf von Monte Christo das Gespräch.
"Mein Herr, das Unglück ruht seit ein paar Tagen auf mir."
"Haben Sie einen Börsensturz erlebt?"
Danglars erzählte von dem Verlust der spanischen Aktien und einem Bankrott in Triest, an dem der Graf ebenfalls nicht unschuldig war.
Dieser heuchelte Mitleid, doch nur um mit einem kleinen Rechenbeispiel zum Schlag auszuholen: "So verlieren Sie diesen Monat nahezu zwei Millionen Francs. Teufel! Für ein Vermögen dritten Ranges ist dies ein herber Verlust."
"Dritten Ranges", entgegnete Danglars gedemütigt, "was verstehen Sie darunter?"
"Ich mache drei Rangklassen: ersten Ranges sind Vermögen über hundert Millionen, zweiten Ranges über zwanzig Millionen und dritten Ranges liegen darunter. Daraus geht hervor, dass ein Haus wie das Ihre ins sechs Monatsabschlüssen im Todeskampf läge."
"Oh, wie rasch Sie zu Werke gehen", versetzte Danglars mit bleichem Lächeln. "Doch da wir von Geschäften reden", er suchte einen Grund das Thema zu wechseln, "sagen Sie mir doch, was ich für Herrn Cavalcanti tun kann."
Der Graf schilderte überaus schmeichelhaft vom Reichtum dieses alten, italienischen Adelsgeschlechtes. Der junge Andrea selbst, aus edelstem Hause und über ein unermessliches Vermögen verfügend, hatte die Absicht, sich zu vermählen, und war nur nach Paris gekommen, um eine Gattin zu suchen.
Diese Mitteilung, verbunden mit seinen eigenen Verlusten, die ihm die ständige Unsicherheit seines Berufes vor Augen führten, veranlassten Danglars, ein wenig umzudenken.
Hatte er bis heute geplant, seine Tochter Eugenie mit dem Vicomte Albert von Morcerf zu vermählen, so erschien ihm nun eine Verbindung mit Andrea Cavalcanti doch viel erstrebenswerter. Es blieb nur die Frage, unter welchem Vorwand er Alberts Vater, dem Grafen von Morcerf, seine geänderte Meinung mitteilen konnte, ohne ihn tödlich zu verletzen.
"Hören Sie, mein lieber Graf, Herr von Morcerf ist mein Freund oder vielmehr mein Bekannter seit dreißig Jahren. Er war früher ein einfacher Fischer namens Fernand Mondego."
"Deswegen würden Sie ihre Tochter lieber an Andrea Cavalcanti geben?"
"Wir sind beide Emporkömmlinge, vom gleichen Wert, abgesehen von gewissen Dingen, die man über Fernand sagt."
"Ah, ich begreife; was Sie gerade sagen frischt mein Gedächtnis auf. Den Namen Fernand Mondego habe ich in Griechenland bereits gehört. In Verbindung der Angelegenheit um Ali Pascha."
"Sehr richtig. Das ist eben das Geheimnis, das ich näher ergründen wollte", erwiderte Danglars.
"Waren setzten Sie nicht ihren Korrespondenten in Ioannina darauf an. Schreiben Sie ihm und fragen, welche Rolle in der Katastrophe von Ali Pascha ein Franzose namens Fernand gespielt habe."
"Das werde ich tun." Danglars verabschiedete sich, eilte aus dem Zimmer und sprang in den Wagen.
Die Tür zum Salon öffnete sich und die liebreizende Haydee betrat den Salon: "Mit wem hast du eben gesprochen?", fragte sie den Grafen von Monte Christo.
"Mit dem Bankier Danglars. Er möchte Erkundigungen einziehen über Fernand Mondego, der heutige Graf von Morcerf, der im Dienst deines erhabenen Vaters stand und ihm seine ganzes Vermögen verdankt."
"Fluch über diesen Elenden", zischte Haydee. "Er war es, der meinen Vater an die Türken verriet. Sein Reichtum ist nichts anderes als der Lohn eines Verräters!"