Der Name Ivanhoe ging wie ein Lauffeuer von Mund zu Mund und erreichte in Windeseile Prinz John. Dem war beim Gedanken, den Liebling seines Bruders, König Richard, hier zu haben, mehr als unwohl. Zusammen mit seinen Gefolgsleuten diskutierte er, was dieses Eintreffen für Folgen haben würde.
Robin von Locksley
Prinz John hatte ein Lehen, das König Richard Ivanhoe versprochen hatte, einfach an Front de Boeuf gegeben. Außerdem war es den Herren nicht entgangen, welch großen Anteil die Königin der Liebe und Schönheit am Zustand Ivanhoes genommen hatte.
"Wir wollen ihren Kummer lindern", sagte Prinz John, "indem wir ihr Blut durch die Heirat eines Normannen verbessern. Was meint Ihr, de Bracy? Die Lady hat schöne Ländereien, wäre das etwas für Euch?"
"Die Ländereien sind ganz nach meinem Geschmack, Eure Hoheit. Es wird mir leicht fallen, mich mit der Braut anzufreunden."
"Wir werden Lady Rowena zusammen mit ihrem Vormund dem Sachsen Cedric zum Bankett heute Abend einladen. Die Einladung soll so höflich wie möglich vorgetragen werden, auch wenn es bedeutet Perlen vor die Säue zu werfen."
Als Prinz John gerade aufbrechen wollte, wurde ihm eine Nachricht überbracht. Sie war vom König von Frankreich und war kurz und prägnant: Nehmt Euch in Acht, der Teufel ist los!
"Wir müssen sofort aufbrechen und unsere Truppen sammeln", erklärte Fitzurse.
"Wir können das Turnier nicht so beenden. Die Lehensbauern erwarten noch das Bogenschießen für morgen", entgegnete de Bracy.
"Der Tag ist noch jung", erklärte Fitzurse, "Lasst die Bogenschützen heute noch antreten, verteilt einen Preis und alle sind zufrieden."
"Ein guter Rat", sagte der Prinz. "Und das Bankett soll noch heute Nacht stattfinden."
Der Schall der Trompeten rief die Zuschauer zurück. Dann wurde ihnen mitgeteilt, dass Prinz John wegen dringender Staatsgeschäfte die Festlichkeiten für morgen absagen musste. Deswegen würde das Preisschießen heute noch stattfinden.
Acht Männer stellten sich zum Duell. Prinz John kam heran, um die Schützen zu mustern. Als seine Neugierde befriedigt war, fiel ihm der Lehensbauer auf, mit dem der Jude Isaak am ersten Turniertag in Streit geraten war, als er einen guten Platz für sich und seine Tochter gesucht hatte.
"Höre Bursche. Gestern hattest du ein so großes Maul und heute wagst du es nicht, dich mit den Schützen hier zu messen?"
"Mit Verlaub, Herr. Ich möchte nur nicht, dass auch der dritte Preis dieses Turniers an jemanden geht, der euch missfällt."
Der Prinz wurde blass bei diesen Worten. "Wie ist dein Name?"
"Robin Locksley!"
"Nun, Locksley. Wenn der beste Schütze ermittelt wurde, wirst du gegen ihn antreten. Gewinnst du, erhöhe ich dein Preisgeld um zwanzig Zechinen, verlierst du wirst du als Prahler mit Bogensehnen vom Platz gepeitscht."
"Sehr wohl, Hoheit. Ich werde gehorchen."
Die Zielscheibe wurde aufgestellt und jeder Schütze durfte drei Schüsse machen. Von den vierundzwanzig Pfeilen landeten nur zehn im Ziel und davon zwei im Schwarzen. Sie waren von Hubert, dem Förster von Malvoisin, der damit zum Sieger ernannt wurde.
"Nun Locksley, willst du es mit Hubert aufnehmen?", sagte der Prinz mit bitterem Lächeln.
"Ich werde mein Glück versuchen", antwortete Robin.
Den ersten Schuss gewann Locksley und Prinz John wurde dem Förster gegenüber sehr ungehalten. Für den zweiten Schuss strengte der sich mehr an und landete genau in der Mitte. Das war nicht zu überbieten. Doch Robin ergriff seinen Bogen, konzentrierte sich und sein Pfeil spaltete den von Hubert in zwei Teile.
Die Zuschauer raunten sich verwundert zu: "Das muss mit dem Teufel zugehen. Einen solchen Schützen gibt es in ganz England nicht."
Nun nahm Locksley einen daumendicken Weidenzweig und steckte ihn am Ende des Weges in die Erde. "Wer diesen Zweig auf hundert Ellen trifft, den nenne ich einen Schützen, der würdig wäre König Richard zu dienen", sprach er und sah Prinz John herausfordernd an.
Dieser blickte zu Hubert, doch der trat einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf. "Ich könne ebenso gut auf die Schneide eine Messers zielen. Ich gebe mich geschlagen."
"Feiger Hund", sagte Prinz John, und zu Locksley gewandt: "Schieße, und triffst du das Ziel, erkläre ich dich zum besten Schützen, den ich je gesehen habe."
Robin straffte die Sehne, und zielte mit Bedacht. Der Pfeil traf sein Ziel und spaltete den Weidenzweig entzwei. Allgemeiner Beifallsjubel ertönte und selbst Prinz John konnte nicht umhin den Schützen zu bewundern. Er übergab ihm den versprochenen Lohn und ein silbernes Jagdhorn, gratulierte und bot ihm an in seine Leibgarde einzutreten.
"Verzeihung, edler Herr, aber ich habe geschworen bei niemand in den Dienst zu treten außer bei Eurem königlichen Bruder Richard. Mein Preisgeld überlasse ich Hubert, der heute vorzüglich geschossen hat. Wäre er nicht aus Bescheidenheit zurückgetreten, hätte er ebenfalls getroffen."
Mit diesen Worten verschwand Robin Locksley in der Menge und ward nicht mehr gesehen.
Doch Prinz John hatte bereits andere Sorgen. Er rief einen Diener und schickte ihn zu Isaak von York, um zweitausend Kronen zu holen. "Wenn er Schwierigkeiten macht, sag dem ungläubigen Hund, bezahlt er mit seinem Kopf."
Prinz John bestieg sein Pferd und ritt nach Ashby, um sich für den Abend vorzubereiten.