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雄猫穆尔的生活观:Zweiter Abschnitt.-29

时间:2020-11-06来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Zweiter Abschnitt
Mein Meister hatte heute den ganzen Vormittag hindurch in einem schweinsledernen Quartanten gelesen, als er sich endlich zur gewöhnlichen Stunde entfernte, ließ er das Buch aufgeschlagen auf dem Tische liegen. Schnell sprang ich herauf, um neugierig, erpicht auf die Wissenschaften, wie ich nun einmal bin, zu erschnuppern, was das wohl für ein Buch sein könne, worin der Meister mit so vieler Anstrengung studiert. Es war das schöne herrliche Werk des alten Johannes Kunisperger, vom natürlichen Einfluß der Gestirne, Planeten und zwölf Zeichen. Ja wohl, mit Recht kann ich das Werk schön und herrlich nennen, denn, indem ich las, gingen mir da nicht die Wunder meines Seins, meines Wandelns hienieden, auf in voller Klarheit? — Ha! indem ich dieses schreibe, flammt über meinem Haupt das herrliche Gestirn, das in treuer Verwandtschaft in meine Seele herein, aus meiner Seele hinaus leuchtet — ja ich fühle den glühenden, sengenden Strahl des langgeschweiften Kometen auf meiner Stirne, — ja ich bin selbst der glänzende Schwanzstern, das himmlische Meteor, das in hoher Glorie prophetisch dräuend durch die Welt zieht. So wie der Komet alle Sterne überleuchtet, so verschwindet ihr — stell' ich nur nicht meine Gaben unter den Scheffel, sondern lasse mein Licht gehörig leuchten, und das dependiert ganz von mir — ja, so verschwindet ihr alle in finstre Nacht, ihr Kater, andere Tiere und Menschen! — Aber trotz der göttlichen Natur, die aus mir, dem geschwänzten Lichtgeist, herausstrahlt, teile ich doch nicht das Los aller Sterblichen? — Mein Herz ist gut, ich bin ein zu empfindsamer Kater, möchte mich gern gemütlich anschließen den Schwächern, und gerate darüber in Trauer und Herzeleid. — Denn muß ich nicht überall gewahren, daß ich allein stehe, wie in der tiefsten Einöde, da ich nicht dem jetzigen Zeitalter, nein einem künftigen der höhern Ausbildung angehöre, da es keine einzige Seele gibt, die mich gehörig zu bewundern versteht? Und es macht mir doch so viel Freude, 157wenn ich tüchtig bewundert werde, selbst das Lob junger, gemeiner, ungebildeter Kater tut mir unbeschreiblich wohl. Ich weiß sie vor Erstaunen außer sich zu setzen, aber was hilft's, sie können doch, bei aller Anstrengung, nicht den rechten Lobposaunenton treffen, schreien sie auch noch so sehr, Mau — Mau! — An die Nachwelt muß ich denken, die mich würdigen wird. Schreib' ich jetzt ein philosophisches Werk, wer ist's, der die Tiefen meines Geistes durchdringt? Laß ich mich herab, ein Schauspiel zu dichten, wo sind die Schauspieler, die es aufzuführen vermögen? Laß ich mich ein auf andere literarische Arbeiten; schreib' ich z. B. Kritiken, die mir schon deshalb anstehen, weil ich über alles, was Dichter, Schriftsteller, Künstler heißt, schwebe, mich gleich überall selbst, als freilich unerreichbares Muster, als Ideal der Vollkommenheit hinstellen, deshalb auch allein ein kompetentes Urteil aussprechen kann, wer ist's, der sich auf meinen Standpunkt hinaufzuschwingen, meine Ansichten mit mir zu teilen vermag? — Gibt es denn Pfoten oder Hände, die mir den verdienten Lorbeerkranz auf die Stirne drücken könnten? — Doch dafür ist guter Rat vorhanden, das tue ich selbst, und lasse den die Krallen fühlen, der sich etwa unterstehen möchte, an der Krone zu zupfen. — Es existieren wohl solche neidische Bestien, ich träume oft nur, daß ich von ihnen angegriffen werde, fahre, in der Einbildung, mich verteidigen zu müssen, mir selbst ins Gesicht mit meinen spitzen Waffen und verwunde kläglich das holde Antlitz. — Man wird auch wohl im edeln Selbstgefühl etwas mißtrauisch, aber es kann nicht anders sein. Hielt ich es doch neulich für einen versteckten Angriff auf meine Tugend und Vortrefflichkeit, als der junge Ponto mit mehreren Pudeljünglingen auf der Straße über die neuesten Erscheinungen des Tages sprach, ohne meiner zu erwähnen, unerachtet ich doch kaum sechs Schritte von ihm an der Kellerluke meiner Heimat saß. Nicht wenig ärgerte es mich, daß der Fant, als ich ihm darüber Vorwürfe machte, behaupten wollte, er habe mich wirklich gar nicht bemerkt.
 
Doch es ist Zeit, daß ich Euch, mir verwandte Seelen einer schönern Nachwelt, — o ich wollte, diese Nachwelt befände sich schon mitten in der Gegenwart, und hätte gescheute Gedanken über Murrs Größe, und spräche diese Gedanken laut aus, mit so heller Stimme, daß man nichts anderes vernehmen könnte vor dem lauten Geschrei, — ja, daß Ihr etwas weiteres davon erfahrt, was sich mit Eurem Murr zutrug in seinen Jünglingsjahren. Paßt auf gute Seelen, ein merkwürdiger Lebenspunkt tritt ein. —
 
158Des Märzen Idus war angebrochen, die schönen milden Strahlen der Frühlingssonne fielen auf das Dach, und ein sanftes Feuer durchglühte mein Inneres. Schon seit ein paar Tagen hatte mich eine unbeschreibliche Unruhe, eine unbekannte, wunderbare Sehnsucht geplagt, — jetzt wurde ich ruhiger, doch nur um bald in einen Zustand zu geraten, den ich niemals geahnt! —
 
Aus einer Dachluke, unfern von mir, stieg leis und linde ein Geschöpf heraus, — o, daß ich es vermöchte, die Holdeste zu malen! — Sie war ganz weiß gekleidet, nur ein kleines schwarzes Samtkäppchen bedeckte die niedliche Stirn, so wie sie auch schwarze Strümpfchen an den zarten Beinen trug. Aus dem lieblichsten Grasgrün der schönsten Augen funkelte ein süßes Feuer, die sanften Bewegungen der feingespitzten Ohren ließen ahnen, daß Tugend in ihr wohne und Verstand, so wie das wellenförmige Ringeln des Schweifes hohe Anmut aussprach und weiblichen Zartsinn! — 
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