Aber wie war nur das Feuer entstanden? fragte der Geheimerat.
Noch in diesem Augenblick, erwiderte Kreisler, ist es mir unbegreiflich, durch welchen Zufall die Gardine in Brand geriet, und einen schönen Schlafrock des Oheims, sowie drei oder vier schön frisierte Toupets, die der Oheim als partielle Perücken-Studien aus einer Gesamtfrisur aufzusetzen pflegte, mit in ihr Verderben riß. Mir ist es auch immer so vorgekommen, als habe ich nicht des unverschuldeten Feuers, sondern nur der unternommenen Komposition halber, die Ohrfeige erhalten. — Seltsam genug war es die Musik allein, die zu treiben mich der Oheim mit Strenge anhielt, unerachtet der Lehrer, getäuscht von dem nur momentanen Widerwillen, den ich dagegen äußerte, mich für ein durchaus unmusikalisches Prinzip hielt. Was ich übrigens lernen oder nicht lernen mochte, das war dem Oheim völlig gleich. Äußerte er manchmal lebhaften Unwillen, daß es so schwer hielt, mich zur Musik anzuhalten, so hätte man denken sollen, daß er von der Freude hätte durchdrungen sein müssen, als nach ein paar Jahren der musikalische Geist sich so mächtig in mir regte, daß er alles übrige überflügelte, das war aber nun wieder ganz und gar nicht der Fall. Der Oheim lächelte bloß ein wenig, wenn er bemerkte, daß ich bald mehrere Instrumente mit einiger Virtuosität spielte, ja daß ich manches kleine Stück aufsetzte zur Zufriedenheit der Meister und Kenner. Ja, er lächelte bloß ein wenig, und sprach, wenn man ihn mit Lobeserhebungen anfuhr, mit schlauer Miene: Ja, der kleine Neveu ist närrisch genug. — So ist es mir, nahm der Geheimerat das Wort, aber ganz unbegreiflich, daß der Oheim Deiner Neigung nicht Freiheit ließ, sondern Dich hineinzwang in eine andere Laufbahn. Soviel ich nämlich weiß, ist Deine Kapellmeisterschaft eben nicht von lange her.
Und auch nicht weit her, rief Meister Abraham lachend, und fuhr, indem er das Bildnis eines kleinen, wunderlich gebauten Mannes an die Wand warf, weiter fort. Aber nun muß ich mich des wackern Oheims, den mancher verruchte Neffe den O weh onkel nannte, weil er sich mit Vornamen Ottfried Wenzel schrieb, ja nun muß ich mich seiner annehmen, und der Welt versichern, daß wenn der Kapellmeister Johannes Kreisler es sich einfallen ließ, Legationsrat zu sein und sich abzuquälen mit seiner innersten Natur ganz widrigen Dingen, niemand weniger daran schuld ist, als eben der O weh Onkel. — O still davon, Meister, sprach Kreisler, und nehmt mir dort den Oheim von der Wand, denn mocht' er auch wirklich lächerlich genug aussehen, so mag ich doch eben heute über den Alten, der lange im Grabe ruht, nicht lachen! —
Glückselig, heilbringend also die Katastrophe, rief der Geheimerat, die Dich aus den Fesseln befreite!
Sage das nicht, erwiderte Kreisler, zu spät trat die Befreiung ein. Mir geht es, wie jenem Gefangenen, der, als er endlich befreit wurde, dem Getümmel der Welt, ja dem Licht des Tages, so entwöhnt war, daß er, nicht vermögend der goldnen Freiheit zu genießen, sich wieder zurücksehnte in den Kerker.
Das ist, nahm Meister Abraham das Wort, nun eine von Euern konfusen Ideen, Johannes, mit denen Ihr Euch und andere plagt! — Geht! geht! — Immer hat es das Schicksal mit Euch gut gemeint, aber daß Ihr nun einmal nicht im gewöhnlichen Trott bleiben könnt, daß Ihr rechts, links hinausspringt aus dem Wege, daran ist niemand schuld als Ihr selbst. Recht habt Ihr indessen wohl, daß, was Eure Knabenjahre betrifft, Euer Stern besonders waltete, und — —