HIV-positive Waisenkinder stehen oft vor dem Problem, dass sie von Kinderheimen nicht aufgenommen werden. Eine Frau im Nordosten Indiens hat eine Lösung gefunden. Sie kennt das Problem aus eigener Erfahrung nur zu gut.
Als Lucy Maruati ihre Tochter adoptierte, wusste sie zwar, dass ihre Adoptivtochter mit allergrößter Wahrscheinlichkeit HIV-positiv war und hatte sich darauf eingestellt. Doch dass die Adoption eines HIV-positiven Kindes die Gründung eines Kinderheims für Aids-Waisen nach sich ziehen würde, konnte sie sich damals nicht vorstellen. Und doch, sagt sie heute, hätte es anders gar nicht kommen können: Die Not der Kinder war zu groß, um sie einfach zu ignorieren. "Viele Kinderheime wollen keine HIV-positiven Kinder aufnehmen. Dabei brauchen diese Kinder dringend ein Zuhause, wo sie sich ohne Diskriminierung sicher und geliebt fühlen können."
"Bei Heilung mag es Grenzen geben, nicht aber bei Fürsorge." Dieses Motto steht auf einem blauen Stoffbanner mit rosafarbenen Buchstaben im Kinderheim von Lucy Maruati. Seit der Gründung des Heims können die Kinder, die hier aufgenommen werden, sicher sein, dass es an Liebe und Fürsorge nicht fehlt: Lucy, ihre Familie und andere freiwillige Helfer kümmern sich zur Zeit um acht Kinder - rund um die Uhr.
Für die Heimleiterin ist es oft ein Kampf, das Essen oder die teuren Medikamente für die Kinder herbeizuschaffen. Ihre Eltern unterstützen sie mit dem, was sie im eigenen Garten anbauen können; auch andere Familien im Ort tragen mit eigenen Anbauprodukten zur gesunden Ernährung der Kinder bei. Um weiter existieren zu können, ist das Kinderheim auf Spenden und das Ersparte von Lucy und ihrer Familie angewiesen.
Doch es geht nicht nur um materielle Versorgung, damit es den Kindern besser geht:
Für Lucy ist nicht nur ihre Tochter zur Lebensaufgabe geworden, sondern alle Kinder in ihrem Kinderheim. Auch wenn sie manchmal nicht weiß, wie sie die nächste Miete bezahlen oder das Essen auf den Tisch bringen soll. Ans Aufgeben denkt sie nie: "Wenn du diese Kinder erst einmal gesehen hast - das macht doch glücklich. Sie haben doch nur uns, sonst niemanden. Das gibt dem Leben einen Sinn."
Glossar
Waisenkind, das – ein Kind, das keine Eltern mehr hat
adoptieren – ein fremdes Kind bei sich aufnehmen und es wie sein eigenes Kind behandeln
sich auf etwas einstellen – etwas einplanen; sich auf etwas vorbereiten
etwas nach sich ziehen – etwas verursachen
ignorieren – nicht beachten
Diskriminierung, die – eine ungleiche Behandlung und die Benachteiligung eines Menschen
Fürsorge, die – die Hilfe; die Pflege
Motto, das – der Leitgedanke in einem kurzen Satz, an dem sich jemand orientiert
Stoffbanner, das – ein breites Band; eine Fahne
rund um die Uhr – Bezeichnung für: den ganzen Tag
herbeischaffen – besorgen
Anbauprodukt, das – Lebensmittel, die im Garten und in der Landwirtschaft angepflanzt werden; z.B. Tomaten
Ersparte, das – das Geld, dass man gespart hat
auf etwas angewiesen sein – von etwas abhängig sein
Aufgeben, das – das Aufhören