Nicht, dass mich das gestört hätte. Wenn der Rest des genetischen
Materials gut genug ist, kann der Körper einen bestimmten jüdischen
Anteil verkraften, ohne dass jener sich auf Charakter und
Rassemerkmale auswirkt. Wann immer Himmler das bestritten hat,
habe ich ihn auf meinen braven Emil Maurice hingewiesen. Ein
jüdischer Urgroßvater hat ihn nicht daran gehindert, mein bester Mann
in Dutzenden von Saalschlachten zu werden, treu an meiner Seite, in
vorderster Front gegen die Bolschewikenbrut. Ich habe mich selbst
dafür eingesetzt, dass er in meiner SS bleiben konnte – denn
fanatische, granitene Überzeugung kann alles, sie kann sogar das
Erbgut beeinflussen. Ich habe es übrigens selbst gesehen, wie
Maurice mit der Zeit und mit eisernem Willen immer mehr jüdische
Bestandteile in sich abtötete. Eine mentale Eigen-Aufnordung
gewissermaßen – phänomenal! Doch das treue, eben noch sehr junge
Fräulein Krömeier war noch nicht so weit. Das Bewusstsein um diesen
kleinen jüdischen Bestandteil ließ sie in ihrer Entschlossenheit wanken,
und dies galt es zu verhindern. Nicht zuletzt auch wegen des guten
Einflusses auf Herrn Sawatzki und umgekehrt. Olympia 1936. Die
Verschleierung eigener Ziele bot sich geradezu an.
Andererseits schmerzte mich die Kritik des Fräulein Krömeier an
meinem Lebenswerk. Jedenfalls dem meines bisherigen Lebens. Ich
beschloss, den geraden Weg zu gehen. Den Weg der ewigen, der
unverfälschten Wahrheit. Den aufrechten Weg des Deutschen. Wir
Deutsche können ohnehin nicht lügen. Oder doch wenigstens nicht
sehr gut.
»Von welchen Schweinen reden Sie?«, fragte ich ruhig.
»Na, von den Nazis!«
»Fräulein Krömeier«, hob ich an, »Sie werden es wohl nicht gerne
hören, doch Sie irren sich, in vielen Dingen. Das ist nicht Ihr Fehler,
aber es ist dennoch falsch. Es wird heute gerne so hingestellt, als
hätten damals einige überzeugte, zum letzten entschlossene
Nationalsozialisten ein ganzes Volk übertölpelt. Und das ist nicht ganz
falsch, es hat diesen Versuch in der Tat gegeben. 1924, in München.
Doch er ist unter blutigen Opfern gescheitert. Die Folge war ein
anderer Weg. 1933 wurde kein Volk mit einer Propagandaaktion
überwältigt. Es wurde ein Führer gewählt, auf eine Weise, die sogar im
heutigen Sinne als demokratisch gelten muss. Es wurde ein Führer
gewählt, der in unwiderlegbarer Klarheit seine Pläne offengelegt hatte.
Die Deutschen haben ihn gewählt. Ja, sogar Juden. Und vielleicht
sogar die Eltern Ihrer Frau Großmutter. Die Partei hatte damals schon
vier Millionen Mitglieder. Und auch das nur, weil ab 1933 keine
weiteren Mitglieder mehr aufgenommen wurden. Es hätten 1934 auch
acht Millionen, zwölf Millionen sein können. Ich glaube nicht, dass eine
der heutigen Parteien nur annähernd diese Zustimmung genießt.«
»Und wat wollen Se mir damit sagen?«
»Es gab entweder ein ganzes Volk von Schweinen. Oder das, was
geschehen ist, war keine Schweinetat, sondern der Wille eines
Volkes.«
Fräulein Krömeier sah mich mit großen, fassungsl