»Dann kenne ich Sie besser als Sie mich«, plauderte ich zurück und
geleitete sie zu dem Tisch mit den bereitgestellten Sesseln. »Ich hatte
von Ihnen keinen Deutschen Gruß erwartet – und wer hatte nun
recht?«
Sie setzte sich und verstaute sorgsam ihre Handtasche auf einem
leeren Stuhle. Dieses ganze Handtaschenwesen, diese Unterbringung
direkt nach dem Hinsetzen, als nähme man mit Reisegepäck versehen
Platz in einem Zugabteil, das wird sich wohl auch in weiteren
fünfundsechzig Jahren nicht ändern.
»Wie schön, dass Sie sich endlich Zeit für uns nehmen«, sagte sie.
»Sie können nicht behaupten, dass ich andere Zeitungen Ihnen
vorgezogen hätte«, erwiderte ich, »und letzten Endes haben Sie sich
ja auch am meisten um mich … sagen wir … bemüht.«
»Sie sind aber auch berichtenswert«, lachte sie. »Wer sind die
Herren an Ihrer Seite?«
»Das hier ist der Herr Sensenbrink von der Flashlight«, sagte ich,
»und dies«, dabei wies ich auf Herrn Sawatzki, »dies ist der Herr
Sawatzki, ebenfalls von der Flashlight. Ein ausgezeichneter Mann!«
Aus den Augenwinkeln konnte ich ein Strahlen über Sawatzkis Gesicht
gleiten sehen, teils verursacht durch mein Lob, teils mochte dies aber
auch der Aufmerksamkeit der durchaus ansehnlichen Reporterin
geschuldet sein. Sensenbrink setzte ein Gesicht auf, das man
wahlweise als kompetent oder auch ratlos deuten konnte.
»Sie haben uns zwei Aufpasser mitgebracht?«, lächelte sie. »Sehe
ich so gefährlich aus?«
»Nein«, sagte ich, »aber ich wirke ohne die beiden Herren so
harmlos.«
Sie lachte. Ich auch. Was für ein grotesker Unfug. Der Satz ergab
von hinten bis vorne natürlich überhaupt keinen Sinn. Aber ich gebe
zu, dass ich die junge blonde Dame ein wenig unterschätzte und zu
diesem Zeitpunkte davon ausging, sie mit einigen munteren
Plaudereien abfertigen zu können.
Sie zog ihr Telefon aus der Tasche, zeigte es mir und meinte: »Sie
haben nichts dagegen, wenn wir das Gespräch aufzeichnen?«
»So wenig wie Sie«, sagte ich, holte mein Telefon heraus und
drückte es Sawatzki in die Hand. Ich hatte keine rechte Ahnung, wie
man ganze Gespräche damit aufzeichnete. Sawatzki benahm sich
geistesgegenwärtig, als hätte er Ahnung. Ich beschloss, ihn bei
Gelegenheit noch einmal zu loben. Ein Kellner trat an den Tisch und
fragte nach Getränkewünschen. Wir bestellten. Der Kellner
verschwand.
»Und?«, fragte ich. »Was möchten Sie von mir wissen?«
»Wie wäre es mit Ihrem Namen?«
»Hitler, Adolf«, sagte ich, und allein diese Antwort genügte, um
Sensenbrink erste Schweißtropfen auf die Stirne zu jagen. Man hätte
meinen können, ich hätte mich hier und jetzt zum allerersten Male
vorgestellt.