Das Dorf, in dem Till Eulenspiegel geboren wurde, wurde den Eltern eines Tages zu eng. Und so beschlossen sie in die Heimatstadt der Mutter zu ziehen, die an einem Flüsschen lag, das Saal hieß.
Doch bald nach dem Umzug starb der Vater und die Mutter blieb mit dem Kind alleine zurück. Sie war eine gute Mutter und hatte Till von Herzen lieb. Doch manchmal war sie eben nicht streng genug mit ihm und belächelte nur viele Dinge, die er tat.
So dachte sie sich auch nichts dabei, als ihr Sohn eines Tages auf einer auf dem Boden liegenden Wäscheleine zu balancieren begann. „Ich übe Seiltanzen“, antwortete er freundlich auf ihre Frage. Tills Mutter dachte sich wenig dabei, wurde aber stutzig, als sie eines Tages aus dem Fenster heraus beobachtete, dass Till die Leine am Hausdach befestigte und sie über das Flüsschen Saal, an dem das Elternhaus gelegen war, zum Nachbarhaus hinüber warf und sie dort ebenfalls am Dach befestigte.
„Das schaue ich mir besser einmal aus der Nähe an“, dachte sich die Mutter und ging hinauf zum Dachboden, von wo aus sie einen herrlichen Blick auf das Geschehen hatte. Und das gleich in unmittelbarer Nähe zu ihrer Zweck entfremdeten Wäscheleine. Denn Till Eulenspiegel, ihr Sohn, tanze über das Seil, so als würde er nie etwas anders tun!
„Na warte, mein Junge“, murmelte die Mutter vor sich hin, nahm ein Küchenmesser aus der kleinen Tasche vorne an der Schürze, die sie für gewöhnlich bei der Hausarbeit trug, und schnitt, schnipp, schnapp, kurzerhand die Leine durch.
Pech nur, dass Till geradewegs die Stelle mitten über dem Fluss erreicht hatte. Und so purzelte der Junge in das kühle Nass hinein.
Die vielen Zuschauer, die sich bereits am Flussufer eingefunden hatten, um seinem Treiben hoch oben auf dem Seil zuzuschauen, brachen natürlich in schallendes Gelächter aus. Triefnass entstieg Till den Fluten der Saal.
„Na wartet“, rief er so laut, dass ihn alle hören könnten. „Euch werde ich es schon zeigen.“