In diesem Augenblick ließ Madame des Grassins sich melden. Befriedigte Rache und große Verzweiflung führten sie her.
»Mademoiselle Grandet . . .« sagte sie. – »Ah! Monsieur le Curé; ich ziehe mich zurück. Ich wollte von geschäftlichen Dingen reden und finde Sie anscheinend in ernster Unterredung.«
»Madame«, sagte der Pfarrer, »ich räume Ihnen das Feld.«
»O Monsieur le Curé«, sagte Eugénie, »kommen Sie in ein paar Minuten wieder; ich bedarf gegenwärtig sehr Ihres Zuspruchs.«
»Jawohl, mein armes Kind«, sagte Madame des Grassins.
»Wie meinen Sie das?« fragten Mademoiselle Grandet und der Pfarrer.
»Ich weiß von der Rückkehr Ihres Cousins, von seiner Heirat mit Mademoiselle d'Aubrion . . . O ja, eine Frau ist nie auf den Kopf gefallen.«
Eugénie errötete und blieb stumm. Aber sie nahm sich vor, künftighin den undurchdringlichen Gleichmut zu bewahren, den ihr Vater zur Schau zu tragen wußte.
»Dann, Madame, muß ich doch wohl auf den Kopf gefallen sein«, sagte sie ironisch lächelnd; »ich verstehe Sie nicht. Reden Sie, reden Sie getrost vor Monsieur le Curé, Sie wissen ja, er ist mein Beichtvater.«
»So lesen Sie also, Mademoiselle, was des Grassins mir schreibt; hier, bitte.« Eugénie las folgenden Brief:
›Meine liebe Frau!
Charles Grandet ist aus Indien zurückgekehrt; seit einem Monat ist er in Paris . . .‹
›Seit einem Monat!‹ dachte Eugénie und ließ den Brief sinken. Nach einer Weile nahm sie die Lektüre wieder auf.
›. . . Ich habe zweimal vergeblich vorsprechen müssen; ehe ich den künftigen Comte d'Aubrion zu sehen bekam. Obgleich ganz Paris von seinen Heiratsabsichten spricht und das Aufgebot schon erfolgt ist . . .‹
›Er schrieb mir also, als schon das . . .?‹ sagte sich Eugénie. Sie dachte den Satz nicht zu Ende. Sie schrie nicht wie eine Pariserin: ›Der Elende!‹ Aber ihre Verachtung war darum nicht geringer, wenn sie sie auch unausgesprochen ließ.