Nanon verkündete den Besuch des Pfarrers. Der Pfarrer war ein Verwandter der Cruchots und war mit dem Präsidenten de Bonfons im Einverständnis. Vor einigen Tagen hatte der alte Abbé ihn zu bestimmen gewußt, Mademoiselle Grandet aus religiösen Gründen von der Notwendigkeit einer Ehe zu überzeugen.
Als Eugénie den Pfarrer erblickte, glaubte sie, er wolle die tausend Francs holen, die sie monatlich den Armen spendete, und trug Nanon auf, das Geld herbeizubringen; aber der Pfarrer lächelte: »Heute, Mademoiselle, will ich Ihnen von einem armen Mädchen sprechen, an dem ganz Saumur Anteil nimmt und das nicht christlich lebt – aus Mangel an Mitleid mit sich selbst.«
»Ach Gott! Monsieur le Curé, Sie kommen in einem Augenblick, wo es mir unmöglich ist, an meinen Nächsten zu denken, ich habe mit mir selbst zu tun. Ich bin sehr unglücklich. Meine einzige Zuflucht ist die Kirche; sie hat Raum genug, all unsere Schmerzen zu fassen, und sie hat Mitgefühl genug, daß alle davon trinken können, ohne es zu erschöpfen.«
»Nun also, Mademoiselle, wenn wir von diesem Mädchen sprechen, befassen wir uns ja mit Ihnen. Hören Sie zu! Es gibt für Sie nur zwei Wege, die zum Heile führen: entweder Abschied nehmen von der Welt – oder ihren Gesetzen folgen; gehorsam sein der irdischen Bestimmung oder dem himmlischen Streben.«
»Oh! Ihre Stimme spricht zu mir, da ich nach einer Stimme lechzte. Ja, Gott hat Sie hergesandt, Monsieur. Ich werde der Welt Lebewohl sagen und allein für Gott leben – in Stille und Einsamkeit.«
»Eine solche Entschließung erfordert reifliches Überlegen, meine Tochter. Die Ehe ist Leben, der Schleier ist Tod.«
»Gut, gut! Der Tod, gerade ihn suche ich, Monsieur le Curé!« erwiderte sie lebhaft.