Auf einer Facebook-Seite veröffentlichte die Iranerin Masih Alinejad Anfang Mai 2014 ein Foto, auf dem sie kein Kopftuch trägt. Schon bald folgten andere Frauen ihrem Beispiel und zeigten sich ohne Kopftuch.
Auf der Facebook-Seite „Azadiye jawaschaki“ („Heimliche Freiheit“) der Iranerin Masih Alinejad gibt es ein Foto, das die Journalistin in ihrem Auto zeigt. Das Besondere ist: Sie fährt durch eine iranische Stadt – unverschleiert, obwohl für Frauen im Iran die Verschleierung gesetzlich vorgeschrieben ist. Mehr als 370.000 Menschen haben ihre Seite gelikt. Über hundert Iranerinnen haben Fotos an Alinejad geschickt, auf denen sie sich in der Öffentlichkeit ohne Hidschab zeigen.
Sie protestieren damit gegen die Zwangsverschleierung in ihrem Land und möchten, dass die Welt ihren Protest sieht. In kurzen Texten beschreiben die Frauen ihren Moment der „heimlichen Freiheit“. Eine junge Frau sieht man zum Beispiel ohne Kopftuch in den Bergen. Sie schreibt: „Die Berge verstecken sich nie unter einer Decke. Wenn ich in den Bergen klettern gehe, verstecke ich mich also auch nicht unter einer Decke.“
Die Seite „Heimliche Freiheit“ bietet den Frauen die Möglichkeit, sich auszutauschen. Hier können sie darüber sprechen, was sie denken, fühlen und tun – ohne ihre richtigen Namen nennen zu müssen. Alinejad, die seit einiger Zeit in London lebt, sagt: „Sie müssen keine Zensur fürchten wie in der iranischen Öffentlichkeit. Das macht sie mutig, weil sie sehen, dass sie nicht alleine sind mit ihren Gedanken und Handlungen.“
Alinejad hat mit ihrem Foto einen Schneeballeffekt ausgelöst, den man nicht mehr stoppen kann. Ihre Seite gewinnt jeden Tag fast 10.000 neue Unterstützer. Zwar gab es auch früher schon Iranerinnen, die gegen die Zwangsverschleierung in ihrem Land waren. Aber die sozialen Netzwerke haben den Protest beschleunigt – und das, obwohl die Regierung den Zugang zum Internet und den sozialen Netzwerken einschränkt.
Glossar
Kopftuch, -tücher (n.) – die Kopfbedeckung für Frauen
heimlich – geheim; ohne, dass andere Menschen es sehen oder mitbekommen
unverschleiert – ohne Schleier; so, dass Frauen ihren Kopf nicht bedecken
Verschleierung (f., nur Singular) – die Tatsache, dass Frauen aus religiösen Gründen ihre Haare mit einem Tuch bedecken
vorgeschrieben – so, dass etwas festgelegt ist und sich alle daran halten müssen
like (aus dem Englischen) – angeben, dass jemandem eine Webseite (z. B. Facebook) gefällt
Hidschab (m., arabisch) – der Schleier, mit dem muslimische Frauen ihren Kopf bedecken
Zwang, Zwänge (m.) – die Tatsache, dass man etwas tun muss, das man nicht will
sich aus|tauschen – miteinander sprechen
Zensur, -en (f.) – hier: die Kontrolle durch den Staat
etwas fürchten – Angst vor etwas haben
mutig – so, dass man keine Angst hat; so, dass jemand Mut hat
Schneeballeffekt (m., nur Singular) – die Tatsache, dass etwas sehr schnell größer wird
etwas aus|lösen – etwas hervorrufen, etwas bewirken
jemanden gewinnen – hier: einen neuen Nutzer bekommen
Unterstützer, -/Unterstützerin, -nen – jemand, der jemandem hilft
soziale Netzwerk, -e (n.) – eine Internetplattform, über die Menschen kommunizieren
etwas beschleunigen – etwas schneller machen; etwas vorantreiben
Zugang (m., hier nur Singular) – hier: die Nutzung
etwas ein|schränken – hier: kontrollieren; teilweise verbieten