Für nur 1,05 Euro pro Stunde arbeiten Asylbewerber am Bahnhof in Schwäbisch Gmünd. Das sorgte für große Aufregung und Empörung. Doch ein Gesetz in Deutschland verbietet ihnen, mehr Geld zu verdienen.
In der kleinen Stadt Schwäbisch Gmünd helfen Asylbewerber den Reisenden am Bahnhof beim Koffertragen. Sie haben sich freiwillig für diese Arbeit gemeldet. Doch sie bekommen nur 1,05 Euro pro Stunde. Darüber haben sich viele Menschen im Internet und in der Zeitung empört. Sie sehen darin einen Fall von Rassismus. Der Oberbürgermeister Richard Arnold sagt jedoch, dass damit die Integration der Flüchtlinge unterstützt werden sollte.
Arnold hatte die Idee, dass die Asylbewerber durch diese Arbeit mit den Bürgern in Kontakt kommen könnten: „Meine Intention ist es, dass alle, die in Schwäbisch Gmünd leben, dazugehören. Und unsere Flüchtlinge gehören auch dazu“, sagt er. Der niedrige Stundenlohn ist vorgeschrieben. Denn Asylsuchende, die nach Deutschland kommen, haben ein Jahr lang Arbeitsverbot. In dieser Zeit dürfen sie nicht mehr als 1,05 Euro pro Stunde verdienen – so steht es im sogenannten Asylbewerberleistungsgesetz.
Bernd Mesovic von der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl fordert, dass dieses Gesetz abgeschafft wird. Er findet es diskriminierend. Außerdem betont er, dass man niemanden so lange hinhalten darf. Mesovic sagt: „Das menschliche Leben lässt sich nicht parken.“ Er meint, man sollte Asylsuchenden integrative Maßnahmen anbieten, durch die sie ihre Qualifikationen nicht verlieren.
Mesovic sieht außerdem die Gefahr, dass normal bezahlte Arbeitsplätze mit günstigen Asylbewerbern besetzt werden. Er sagt: „Gleichberechtigte Bedingungen bedeutet, dass man auch die gleiche Bezahlung bekommt.“ Die empörten Reaktionen über die Aktion in Schwäbisch Gmünd haben jedenfalls sofort zu Konsequenzen geführt: Die Deutsche Bahn kündigte an, sich aus dem Projekt zurückzuziehen und die Aktion zu beenden.Glossar
für etwas sorgen – zu etwas führen
Empörung (f., nur Singular) – die starke Wut; der starke Ärger über etwas
freiwillig – aus eigenem Willen; weil man etwas selbst entschieden hat
sich über etwas empören – sehr wütend über etwas sein
Rassismus (m., nur im Singular) – die Ansicht, dass bestimmte Menschen wegen ihrer Herkunft oder ihres Glaubens besser sind als andere
Integration (f., nur Singular) – die Bildung einer Gemeinschaft mit Menschen verschiedener Kulturen und Herkunftsländer
in Kontakt mit jemandem kommen – jemanden kennenlernen
Intention, -en (f.) – die Absicht; das Ziel
dazu|gehören – ein Teil von etwas sein
Stundenlohn, -löhne (m.) – die Höhe des Gehalts, das man pro Stunde bekommt
vor|geschrieben – hier: durch ein Gesetz oder eine Regel bestimmt
etwas ab|schaffen – hier: etwas ungültig machen
diskriminierend – so, dass Menschen (z. B. wegen Hautfarbe, Religion, usw.) schlecht behandelt werden
jemanden hin|halten – jemanden warten lassen
integrative Maßnahme – hier: eine Beschäftigungsmöglichkeit, die zur → Integration von jemandem führen soll
Qualifikation, -en (f.) – hier: die Fähigkeiten, die man bei der beruflichen Ausbildung erlernt hat
einen Arbeitsplatz mit jemandem besetzen – jemanden für einen Job anstellen
sich aus etwas zurück|ziehen – hier: aufhören, sich an etwas zu beteiligen