Papst Benedikt XVI. hat nach knapp acht Jahren seinen Rücktritt erklärt. Vor ihm hat das erst ein Papst gemacht – und das ist fast 700 Jahre her. Seine Amtszeit war kurz, doch es gab auch einige Skandale.
Er war der erste deutsche Papst seit fast 500 Jahren und das 60 Jahre nach den Kriegsverbrechen der Deutschen. Geboren wurde Joseph Ratzinger 1927 in Bayern, seine Familie war sehr gläubig. Im letzten Kriegsjahr 1944 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Später wird das einer der Kritikpunkte an ihm sein. Nach Kriegsende begann er sein Studium und wurde zum Priester geweiht. Seit Ende der 1950er Jahre war Ratzinger Professor für Theologie.
In den Jahren darauf wurde er zunächst zum Bischof, dann zum Erzbischof und schließlich zum Kardinal ernannt. 1981 holt ihn Papst Johannes Paul II. nach Rom. Nach dessen Tod wurde Kardinal Joseph Ratzinger zum Papst gewählt – nach nur zwei Tagen Konklave. Er verfolgte immer eine sehr konservative Linie, zum Beispiel zur Rolle der Frau.
Kritik musste er sich in den letzten Jahren vor allem wegen der Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche gefallen lassen. Ihm wurde eine zu lasche Reaktion im Umgang mit den Tätern vorgeworfen. Diese wurden jahrzehntelang oft nur versetzt, aber nicht bestraft. Auch wenn Papst Benedikt XVI. den Kontakt zu den Opfern suchte und die Missbrauchsfälle als „großes Leid“ bezeichnete – viele Menschen haben bis heute das Gefühl, dass sich nicht wirklich etwas geändert hat.
Zuletzt waren es geheime Dokumente aus dem Vatikan, die 2012 veröffentlicht und als Vatileaks-Affäre bekannt wurden. Der päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele hatte die Unterlagen an die Medien gegeben. Langjährige Kenner des Vatikans wundert der Vorfall nicht. Sie sind der Meinung, dass der Kirchenstaat von Intrigen zermürbt ist.
Glossar
einen Rücktritt erklären – die Ankündigung, dass man ein leitendes Amt abgibt
Amtszeit, -en (f.) – die Zeit, in der jemand ein wichtiges Amt hat
gläubig – religiös
Wehrmacht (f., nur Sg.) – die Armee Hitlers im Zweiten Weltkrieg
weihen – jemandem ein Amt in der Kirche geben
jemanden einziehen – jemanden zur Armee holen
Bischof, Bischöfe (m.) – ein hoher Priester in der katholischen Kirche
Erzbischof, Erzbischöfe (m.) – ein hoher Priester mit einer besonderen Stellung
Kardinal, Kardinäle (m.) – ein hoher Priester, der direkt unter dem Papst steh
jemanden ernennen – jemanden für eine bestimmte Funktion bestimmen
Konklave, -n (n.) – die Versammlung von Kardinälen der römisch-katholischen Kirche
eine konservative Linie verfolgen – Redensart: die Tatsache, dass jemand altmodische Ansichten hat
Rolle, -n (f.) – hier: die Aufgaben, die jemand in einer Gesellschaft bekommt
sich etwas gefallen lassen müssen – sich gegen etwas nicht wehren können
Missbrauchsfall, -fälle (m.) – die Tatsache, dass jemand zu sexuellen Handlungen gezwungen wurde
lasch – ohne Energie
Umgang, (m., nur Sg.) – die Behandlung
jemandem etwas vorwerfen – sagen, dass jemand einen Fehler gemacht hat
versetzen – hier: an einen andern Ort schicken
Kammerdiener, - (m.) – hier: der Mann, der den Papst bedient
Intrige, -n (f.) – Handlungen, mit denen Menschen versuchen, anderen zu schaden
zermürben – hier: kaputt machen