Die Situation für Handwerker in Deutschland ist schlecht – Schwarzarbeit und Lohndumping machen ihnen zu schaffen. Deshalb suchen immer mehr Gesellen und Meister ihr Glück im Ausland und sind da erfolgreich.
Friedhelm Müller legt konzentriert letzte Dinge in den Koffer. Danach kann es losgehen. Nach Oslo, seiner neuen Heimat. Er ist gelernter Elektroinstallateur und einer der vielen Handwerker, die ihr Glück im Ausland suchen. Denn in Deutschland haben sie wenig Perspektiven und in Norwegen werden deutsche Handwerker gesucht. Lasse Schmackelsen, Arbeitsvermittler der Firma Nordisk Handvaerk Aps., hat gute Erfahrungen mit deutschen Arbeitskräften gemacht. "Sie sind sehr motiviert", sagt er. Das sagt auch Alexander Legowski vom Zentralverband des deutschen Handwerks "Deutsche Handwerker sind begehrt, weil sie sehr gut ausgebildet sind."
Ein Beispiel dafür ist der Tischlermeister Hans Nottelmann. Er hat in Deutschland seinen Meister gemacht und ist damit nach Spanien ausgewandert. In der Nähe von Barcelona führt er heute einen eigenen Tischlereibetrieb. Auf dem spanischen Markt arbeitet der Tischler, nach eigenen Angaben, fast ohne Konkurrenz. "Nur wenige ältere Spanier beherrschen das Handwerk noch wirklich, nachdem in den 80er-Jahren die Handwerkslehre abgeschafft wurde", erklärt Hans Nottelmann.
Als deutscher Tischler habe man hier sofort Arbeit, sagt Nottelmann weiter. Allerdings hat er auch einen wichtigen Vorteil: Er ist zweisprachig aufgewachsen. Arbeitsvermittler Lasse bemängelt die fehlenden Fremdsprachenkenntnisse bei vielen deutschen Handwerkern. Auch Friedhelm Müller geht nach Norwegen, ohne die Sprache des Landes zu beherrschen. Aber er spricht Englisch. Zeit für einen Norwegischkurs hat er am Anfang nicht. In seiner dreimonatigen Probezeit muss er erst einmal beweisen, dass er die hohen beruflichen Erwartungen erfüllt.
GLOSSAR
Meister, der – ein Handwerker, der die Qualifikation hat, um junge Menschen auszubilden
Handwerk, das – die Bezeichnung für einen Beruf, in dem man mit den Händen und Werkzeug arbeitet; z.B. Maler, Elektriker
Schwarzarbeit, die – die illegale Arbeit, für die man keine Steuern zahlt
Lohndumping, das – eine schlechte und viel zu niedrige Bezahlung
etwas macht jemandem zu schaffen – etwas bereitet jemandem Probleme
Geselle, der – hier: jemand, der seine Ausbildung zum Handwerker abgeschlossen hat
Elektroinstallateur, der – jemand, der in seinem Beruf mit elektrischen Geräten arbeitet
Perspektive, die – die (gute) Aussicht für die Zukunft
Tischlermeister, der – jemand, der Möbel herstellen kann und anderen diesen Beruf lehren kann
Tischlereibetrieb, der – eine kleine Firma, in der Möbel hergestellt werden
nach eigenen Angaben – die Aussage, die jemand selbst macht
beherrschen – hier: in der Lage sein; fähig sein
Handwerkslehre, die – die Ausbildung für einen handwerklichen Beruf
etwas abschaffen – etwas beseitigen; etwas nicht mehr anbieten
zweisprachig – zwei Sprachen sprechend
etwas bemängeln – etwas kritisieren
Probezeit, die – die Zeit, in der festgestellt wird, ob jemand gut für die Arbeit ist
erfüllen – etwas gerecht werden